Vorwort:
Die Idee für den Städtetrip nach Istanbul kam mir bei einem Besuch im „Airbnb Doppeldecker für Weltentdecker“ der Mitte Mai auf seiner Promotour auch in Essen halt machte. Mit dem iPad in der Hand durchstöberten Melli und ich damals im Rahmen eines Gewinnspiels unsere Lieblingsreiseziele, unter anderem Istanbul. Als dann mal wieder ein Exbir Flugangebot von Düsseldorf nach Istanbul eintraf, musste ich einfach zugreifen. Leider etwas zu früh, denn ein paar Tage später sank der Preis nochmal um 20 Euro auf 80 Euro für Hin- und Rückflug inklusive aller Gebühren und 25 Kilo Freigepäck. Guter Deal oder? Meine Unterkunft ist diesmal ein privates Zimmer, welches ich über Airbnb gebucht habe. Lage, direkt neben dem Taksim Platz in Beyoglu. Für Montag bis Freitag für 80 Euro. Gebongt, gebucht… auch weil mein Gastgeber Savas in unseren Mails total sympathisch rüber kam. Übrigens, ich war schon an Orten für längere Zeit, die weitaus weniger Eindrücke hinterlassen haben als Istanbul in drei vollen Tagen. Es ist und bleibt eine Stadt für alle Sinne. Insbesondere die Gerüche und Geräusche. Aber lest selbst.
Montag, 2.11.
Nach ein paar Trockenübungen am Vortag und der Perfektionierung im Unterhosen klein falten und T-Shirts zusammen rollen entschied ich mich am Abreisetag für meinen kleinen Trekkingrucksack, der mit 6,3 Kilo sogar noch als Handgepäck durchging. Im Gegensatz zu meinem 75 Liter Rucksack den ich sonst mit habe, lässt es sich doch so viel entspannter reisen. Die knapp drei Stunden vergingen „wie im Flug“ und trotz der Sprengung eines Bombenblindgängers am Morgen am Düsseldorfer Flughafen, hatte die Maschine lediglich 25 Minuten Verspätung. Oh, was ist das? Nur 50 Prozent der Sitze sind belegt und neben meinem Fensterplatz sind noch zwei Sitze frei. Rumlümmeln im Flieger, selten erlebt. Ein Plus für Atlas Global.
18 Uhr. Ankunft am Atatürk Flughafen. Schnell die Istanbulcard für den ÖPNV am Automaten gekauft (Achtung, ihr braucht einen zehn TL Schein, aber die Mitarbeiter am Counter vor der Metro wechseln gerne) ging es mit der Metro M1 zur Haltestelle Yenikapi und von dort mit der M2 nach Taksim. Da ich mich verspätete saß Savas mit seinen Lehrerkollegen schon im Bedoga Café und wartete auf mich. Ich wurde herzlich begrüßt, doch da nur drei Leute Englisch sprechen konnten, musste ich meistens über Witze „mitlachen“, die ich auf Türkisch nicht verstanden hatte. Aber die gute Laune hat halt angesteckt. Was soll’s es, es hat mir keiner übel genommen. Ganz im Gegenteil, die meisten haben ihre Englischkentnisse erprobt und ich durfte sogar ein Telefonat mit einer Bekannten aus Berlin übersetzen, das nenne ich schnelle Integration ;).
Nach den ersten Willkommensbierchen, die übrigens etwa genauso viel Kosten wie bei uns, zeigte mir Savas seine kleine Wohnung, die Tipps und Tricks wie man Warmwasser bekommt und wir quatschten mit seiner Freundin noch bis ins die späte Nacht auf dem Balkon über die Wahlen, deutsche und türkische Eigenschaften und wurden uns schnell einig, dass alle Atheisten friedlich zusammenleben können. Prost.
Dienstag, 3.11.
Der erste Morgen in Beyoglu. Mein Gastgeber Savas war schon auf dem Weg zur Arbeit, er ist Grundschullehrer. (S)eine Freundin schläft noch nebenan und so schleiche ich mich leise aus der Wohnung. Erster Stop: Koffein Tanksäule einer bekannten Pappbecher Ausgabefiliale. Mit Kaffee bewaffnet schlenderte ich durch die Straßen von Beyoglu. Und diese wurden ganz schön rausgeputzt. Alle schrubbten und putzten ihre Läden auf der Istiklal Cd. Mein Weg führte mich bis zur historischen Standseilbahn Tünel, die mich vom Hügel rund 600 Meter runter nach Karaköy brachte. Eine Minute fahrt, aber so spart man sich den steilen Weg zu Fuß nach unten. Von dort aus war mein erstes Ziel der Gülhane-Park. Auf dem Weg dahin überquerte ich die Galata Brücke, auf der schon zahlreiche Angler ihre Ruten ausgeworfen hatten. Es roch nach Fisch, oder besser gesagt, es stank. Im Setüstü Cay Bahcesi genoß ich eine geschlagene Stunde das Kännchen türkischen Tee bei einem herrlichen Ausblick auf die asiatische Seite Istanbuls und ließ mir die Morgensonne ins Gesicht scheinen. Ein toller Ort der direkt im Park hinter dem Topkapi Palast und dem historischen Museum liegt.
Im Osten des Stadtteils Eminönü, genauer gesagt im Viertel Sultanahmet reiht sich eine Touristenattraktion nach der anderen. Mein nächster Stop ist eines der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Stadt, die Haga Sophia. Der Eintritt in die ehemalige byzantinische Kirche und spätere Moschee kostet 30 Türkische Lira (TL), also rund zehn Euro. Das Wahrzeichen Istanbuls wurde im 6. Jahrhundert erbaut und vereint sowohl griechisch-römische als auch orientalische Elemente. Es ist schon imposant unter der Kuppel mit 32 Metern Durchmesser zu stehen und rund 55 Meter in die Höhe schauen zu können. Hoffentlich bleibt das so, denn die Gefahr ist groß, dass die Kuppel bei einem Erdbeben Schäden nimmt. Aber Experten der Regierung und UNESCO arbeiten wohl an dem Problem. Vielleicht ist das der Grund für die Baugerüste unter der Kuppel.
Am Sultanahmet Park fotografierte ich erstaunt eine BMW GS 800 F mit koreanischen Kennzeichen. Der ist doch nicht… doch ist er. Im Gespräch mit Fahrer erzählte er mir, dass er bereits 10300 Kilometer quer durch Russland nach Istanbul gefahren ist. Im Anschluss an seinen Besuch in Istanbul geht’s weiter durch den Rest Europas. Ein Ende seiner Reise, so sagte er, ist noch nicht in Sicht. Nach etwas Smalltalk verabschiedeten wir uns und ich ging ein paar Schritte weiter in die Sultan Ahmed Moschee.
Die Moschee wird auf Grund ihrer Anzahl an blau-weißen Fliesen an den Mauern auch Blaue Moschee genannt. Sie ist heute die Hauptmoschee Istanbuls. Der Eintritt für Touristen ist frei, allerdings ist es natürlich Pflicht sich vor Eintritt die Schuhe auzuziehen. Während der Gebetszeiten ist es allerdings nur Gläubigen gestattet sich in der Moschee aufzuhalten. Da um 12 Uhr Gebetszeiten ist, versammelten sich im Innenraum der Moschee bereits viele Gläubige, viele kniend mit Kameraauslöser Richtung Kibla (Gebetsrichtung Mekka) um selfies von sich knipsen.
Nach einer halben Stunde in der Moschee ging ich weiter zu Yerebatan Sarayi (Basilica Cistern). Der Eintritt in den versunkenen Palast kostet 20 TL. Die 136 Meter lange und 65 Meter breite Zisterne wurde zwischen 532 und 542 nach Christus als Wasserspeicher für den angrenzenden Palast angelegt. 336 acht Meter hohe Säulen tragen das Gewölbe, in dem rund 80.000 Kubikmeter Wasser gespeichert werden konnten. Mit ihren Lichtspielen nett anzusehen, aber nicht so spektakulär wie ich es gedacht habe. Nach 20 Minuten ist diese Sehenswürdigkeit durchlaufen, abfotografiert und abgehakt.
In einer Nebenstraße versorgte ich mich erst einmal mit einem Dürüm Döner und machte mich auf dem Weg Richtung Grand Bazaar. Der Ruf des Muezzins ertönte von der Beyazit Moschee und begleitete mich durch die Straßen. Am oberen Ende des Basars angekommen hat mir ein Blick in die engen Gassen für heute gereicht. Zu voll, zu laut, zu hektisch. Natürlich will ich mir diesen nicht entgehen lassen, aber zu einem späteren Zeitpunkt.
Mich zieht es deshalb weiter zu Süleymaniye Moschee, die ich auf Grund der Gebetszeit, leider nur von außen besichtigen konnte. Errichtet wurde diese eindrucksvolle Moschee in nur sieben Jahren, von 1550 bis 1557. Der gesamte Gebäudekomplex (Külliye) misst 216 x 144 Meter, innerhalb befindet sich die Moschee und der Hof den ich besichtigen konnte. Eine tolle Architektur. Meine Runde in Sultanahmet endete und am frühen Nachmittag startete ich vom Anleger Eminönü auf eine zweistündige Bootstour, vorbei an den Stadtteilen, Beyoglu und Besiktas. Für schlappe zwölf TL schipperte ich also den Bosporus aufwärts und ließ mir die Sonne auf den Pelz brennen. Nach dem man die Fatih Sultan Mehmet Brücke hinter sich gelassen hat, kann man vom Boot aus imposante Villen in Hügeln entdecken. Hier scheint sich die High-Society niedergelassen zu haben. Die letzten Meter auf unserer Bootstour begleiteten uns sogar eine handvoll Delfine. Rund 50 sollen in der Meerenge zwischen Marmara Meer und Schwarzen Meer leben, entsprechend laut war das entzückte Kreischen der Damenwelt, als die Rückenflossen neben dem Boot auftauchten. Auf Grund des hohen Schiffaufkommens ist es allerdings fraglich, wie lange sich noch Delfine in der Meerenge aufhalten. Die Tour hat sich gelohnt, vor allem bei dem guten Wetter. Auf dem Schiff könnt ihr euch günstig mit kleinen Snacks und Getränken eindecken. Übrigens, egal wie kurz die Überfahrt auch ist, einen Tee für einen TL oder einen Orangensaft, bekommt ihr oben an Deck immer angeboten.
Zurück am Hafen ging es zu Fuß zurück nach Beyoglu, durch kleine lebendige Gassen, in denen sich an jeder Ecke jung und alt trifft, um Wasserpfeife zu rauchen oder um türkischen Tee zu trinken. Ich kehrte im Kardesler Restaurant ein, bestellte einen Iskender Kebap und schlug mir den Bauch voll. Im Anschluss ging es über zurück in Savas Wohnung, der schon fleißig die Bude aufräumte und die „Bierflaschen“-Spuren der letzten Nacht entfernte. Denn ein neuer Gast aus Korea hatte sich angekündigt. Sie war zuvor in einem Hostel im Stadtteil Sultanahmet und ihr hatte es gar nicht gefallen. Treffpunkt mit ihr war, wie sollte es anders sein, die Stammkneipe von Savas, die Bodega Bar. Statt um 19 Uhr schlenderte die junge Dame um 21 Uhr in die Bar, total verschüchtert und sprach schlecht englisch, und das obwohl sie angeblich in London studiert. Savas zeigte ihr schnell seine Wohnung und ich wunderte mich, in welchem Raum der Zweizimmerwohnung sie wohl schläft. Wie sich später herausstellte, nicht in meinem Zimmer. Ob sie allerdings von der Single-Männerbude mit der spärlichen Ausstattung und einem männlichen Zimmernachbarn begeistert war, ich glaube nicht.
Nachdem Savas wieder in der Bar zurück war, kamen wir schnell ins Gespräch mit drei jungen Chinesen, die auf einem 16-tägigen Roadtrip durch die Türkei sind. Ihr Reise wurde durch eine Agentur organisiert, die sie nach Interessen und alter zusammengewürfelt hat. Sie hatten sich zum Antritt der Reise also erstmals kennengelernt, aber sie schienen sich ganz gut zu verstehen. Wir tauschten Nummern, quatschten zwei Stunden und die obligatorische Einladung nach China und Deutschland stand im Raum.
Der Abend war noch jung und in den Clubs rund um den Taksim Platz wurde es ab 22 Uhr voll. Wir verließen die Bar und Savas zeigte mir den Club Arsen Lupen, in dem jeden Abend Live Musik oder Jam Sessions stattfinden. An diesem Abend spielte die Band Yolda (www.yoldamuzik.com) aus Istanbul. Mit dem Aufzug gelangt man direkt in die vierte Etage, wird von den Angestellten kurz gemustert und kann sich dann ins Getümmel stürzen.
Savas ging um eins, denn er musste am morgen wieder vor Achtjährigen stehen und sie unterrichten. Wann ich gegangen bin? Fragt mich was leichteres.
Mittwoch , 4.11.
9 Uhr! Ich schälte mich aus dem Bett und war nach ein paar Minuten startklar. Meine Zimmernachbarin schien schon außer Haus zu sein. Bis zum Hafen Kabatas sind es es zu Fuß nur zehn Minuten. Schnell noch einen Cafe gezogen, schon fand ich mich auf der Fähre zu den Princes Islands wieder. Mit der Istanbul-Card kostet die Überfahrt vier TL und ist damit um einen TL günstiger als der Cash-Preis. Auf der Fähre gab es Sandwiches und Tee, da sagte ich natürlich nicht nein. An Bord tauchte alle paar Minuten ein Händler auf und wollten Parfüm oder Jacken verkaufen. Manche ziehen auch eine echte Show ab und preisen ihre Zitronenentsafter oder Obstschäler an. Und das entertainen lohnt sich. Während die „langweiligen“ Händler so gut wie keine Produkte verkauften, wurden den Showmaster die Produkte zum Einheitspreis von fünf TL aus der Hand gerissen. Mit einem Cay in der Hand kann man die Shows entspannt genießen.
Um kurz nach elf erreichte ich Heybeliada eine von den neun vorgelagerten autofreien Inseln. Es war ruhig und nur wenige Besucher waren mit mir vom Schiff gegangen. Während der ein oder andere sich für E-Bike entschied, um die Insel zu erkunden, wählte ich die Kutsche. Für 50 TL, zwanzig TL runtergehandelt, ließ ich mich eine Stunde einmal um die Insel herumfahren. Ich hatte auch keine andere Wahl, denn so wirklich was los ist auf der Insel nicht. Aber schön ist es dort. Die Kutsche stoppte immer mal wieder an tollen Ecken, damit ich den Blick übers Meer genießen konnte. Allerdings sind auch viele Stellen verbaut und die schöne Aussicht oft durch Zäune versperrt. Dahinter bewacht mit Maschinenpistole bewaffnetes Sicherheitspersonal die Häuser der Reichen, die sich hier ihre Sommerresidenz geschaffen haben.
Am Ende der Tour lief ich noch etwas durch die Straßen am kleinen Hafen, aber viel zu sehen gab es wie gesagt nicht. Also ging weiter zur nächsten und größten Insel des Areals, nach Büyükada. Allerdings wollte man mich mit der Istanbul-Card nicht auf das nächste Schiff lassen und verlangte sechs TL Cash. Ich machte dann mal auf „nerviger Tourist“ und fing an zu diskutieren und mit den Händen zu fuchteln und das schien den jungen Skipper zu beeindrucken. Mit einem liebevollen „Arschloch“ kommentiert wurde ich auf das Schiff geschoben. Geht doch. Und zack… eine Stunde Wartezeit auf das reguläre Schiff, auf dem auch die Istanbul-Card gilt, eingespart. Auf Büyükada ist schon einiges mehr los. Neben vielen Shops und Restaurants kann man sich auch hier Fahrräder leihen und Kutschfahrten buchen. Mein Ziel war allerdings das Antepli Kebap Haus, von dem ich in einem Reiseblog gelesen hatte und das eine Dachterrasse mit tollem Ausblick haben soll. Dort angekommen, lief ich straight zum Ende des Restaurants und die Angestellten schauten mich fragend an. Ich fragend zurück. Wo verdammt ist hier eine Treppe. Ich wendete mich an einen jungen Kellner der mich an seinem englischsprechenden Kollegen verwies. Und siehe da, eine verschlossene Tür öffnete sich und ich wurde auf eine Dachterrasse geführt. Ein Tisch wurde schnell hergerichtet und ich konnte mein Essen und meinen Tee zusammen mit etlichen Katzen, ein paar Möwen und einem tollen Ausblick aufs Meer genießen. Das hatte sich gelohnt! 14 TL für einen Köfte-Kebap, eine Cola und eine. Tee, das ist ok.
Das richtige Boot zurück nach Kabatas zu finden gestaltete sich schwieriger als gedacht und da ich nicht noch zwei Stunden warten wollte, stieg ich mit zwei jungen Russen auf das Boot zurück nach Heybeliada. Wir kamen schnell ins Gespräch und gaben uns gegenseitig einige Must-See Places Tipps in Istanbul. Die beiden verließen das Schiff auf der Insel, während ich weiter nach Kadiköy, dem asiatischen Teil Istanbuls, fuhr. Dort hieß es nochmal umsteigen auf einen der modernen schnellen IDO Fähren, das mich in ein paar Minuten nach Eminönü brachte. An der Istiklal Cd. waren an diesem Tag gute Streetmusicians unterwegs, denen ich noch eine Weile zuhörte, hier ein kleine Kostprobe.
Am Abend traf ich Savas wieder in der Bedoga Bar. Sein Magen grummelte und so nahm er mich mit in eines seiner bevorzugten Restaurant, den Melekler Dürüm, in der Kücük Parmak Kapi Ipek Sk. No 1 in Beyoglu. Und wow, auf Empfehlung des Hauses gab es Chicken und Köfte mit Salat und Brot, frisch gemachten Ayran und zahlreiche leckeren Vorspeisen. Wer dort mal einkehrt sollte, unbedingt zwei Gerichte halb und halb zusammenstellen und somit möglichst viel probieren. Dazu einfach den Kellner fragen, sie mixen es gerne für euch.
Auf Grund der kurzen Nacht zuvor verabschiedete ich mich schon um 22 Uhr aus der Bodega Bar von Savas, seinem Freund Halid und Bedienung Margo. Ich musste ins Bett. Übrigens Halid, wenn du das mal liest. Ja, ich nehme Deine Einladung bei einem nächsten Besuch an… er soll ein toller Koch sein.
Donnerstag, 5.11.
Bei strahlend blauen Himmel machte ich mich am Morgen wieder auf dem Weg zum Anleger Kabatas. Mit dem Schiff ging es nach Kadiköy, um ein wenig durch die asiatischen Straßen Istanbuls zu schlendern. In den überdachten Alkmaar Gassen findet sich ein Buchladen nach dem anderen, aber auch auf der Suche nach Rockmusik, werdet ihr hier in kleinen Plattenläden aus denen lautstark AC/DC ertönt, fündig. Kadiköy gilt als Intellektuellen-Viertel, aber auch als Ort der alternativen Szene, an dem mehr Alkohol konsumiert wird als in anderen Teilen Istanbuls. Warum? Keine Ahnung, hab ich lediglich gelesen. Tatsächlich waren allerdings ältere Herren schon morgens mit Bierdose auf der Straße anzutreffen, das hatte ich in Istanbul bisher noch nicht gesehen.
In den kleinen Gassen gibt es neben Fisch und Gewürzen alles was das Kochherz begehrt. Daneben bieten hier viele Händler auch jede Art von Krims Krams an. In der Regel dominiert billige Plastikware die Auslage. Aber was mir besonders an Kadiköy gefällt ist, dass man wirklich an jedem Ort an dem man sich mal kurz hinsetzt und die Beine ausstreckt, spätestens nach ein paar Minuten von einem fliegenden Tee- oder Sandwichverkäufer nett angesprochen wird und für einen TL immer was zu trinken oder zu futtern bekommt. Also, zum Beispiel einfach mal am Wasser in der Nähe des Busbahnhofes die Beine ausstrecken und die Seele baumeln lassen. Spätestens nach fünf Minuten wird man mit Snacks versorgt. Genial. Allerdings hatte ich mich nicht wirklich über spannende Dinge in Kadiköy informiert und hatte mich nach zwei Stunden im wahrsten Sinne des Wortes satt gesehen. Ich bin mir sicher in dem eher unkonventionellen asiatischen Stadtteil gibt es noch weitaus mehr zu entdecken. Für mich aber hieß es wieder rauf auf die Fähre und zurück nach Eminönü.
Am Mittag erreichte ich das Viertel Sultanahmet und besuchte den Ägyptischen und den Grand Basar sowie die Yeni Camii (Moschee). Während der Ägyptische Bazaar als Gewürzmarkt bekannt ist und mein Riechorgan schon fast überforderte, so beherbergt der Grand Bazaar auf 31.000 Quadratmeter rund 4.000 Geschäfte mit Waren aller Art. An den Eingängen stehen Polizisten und die sind bei dem Warenwert, insbesondere den Schmuckläden, auch nötig. Wer weiß wie viel Geld hier am am Tag über den Ladentisch geht. Es gibt ganze Straßen dessen Namen auf ihre dort verkauften Waren hinweisen, z.B. die Teppichhändlerstraße. Meine Befürchtung eine Stunde durch die Gänge geschoben zu werden, trat glücklicherweise nicht ein. Es war zwar voll, ich kam aber entspannt durch die Gassen und konnte einen Blick die Geschäfte werfen. Wer danach eine Pause braucht, dem empfehle auf dem Vorplatz der Nuruosmaniye Moschee zu verweilen. Mit einem Snack und einem türkischen Tee lässt sich das Treiben vor der Moschee super beobachten.
Am Nachmittag bestieg ich den Big Bus Tour Doppeldecker, mit dem man auf zwei verschiedenen Routen die Stadt erkunden kann. Das Hop On/ Hop Off Ticket kostet für 24 Stunden 30 EUR. Da ich eigentlich schon fast alle Stationen der Tour zu Fuß besichtigt hatte, überlegte ich kurz, ob ich den Preis wirklich noch zahlen will. Aber die Tour beinhaltet auch die Überfahrt der 64 Meter hohen Fatih Sultan Mehmet Brücke. Den tollen Blick von dort oben wollte ich mir nicht entgehen lassen. Die zweite Brücke, die den europäischen mit dem asiatischen Kontinent verbindet, wurde 1988 eröffnet und ist 1,5 Kilometer lang. Die Überfahrt ist wirklich lohnenswert.
Nach der rund zweistündigen Fahrt machte ich mich zu Fuß wieder zurück nach Taksim und stoppte an zahlreichen Fressbuden, um mich mit Simit, ein ringförmiges Hefeteiggebäck mit Sesam-Körner, Baklavar und anderen süßen Speisen, vollzustopfen. Völlig überfressen wollte ich mich eine Stunde aufs Ohr hauen, aber als ich bei Savas ankam, saß dort schon Viktor aus San Francisco, der sich kurzfristig für ein wenige Tage hier einquartiert hatte. Er hat sich für ein paar Monate eine Auszeit von seiner selbständigen Tätigkeit in der Agrarindustrie genommen und hält sich eigentlich zum Klettern in Antalya auf, aber auf einen Besuch in Istanbul wollte er nicht verzichten. Also ging es nach einem Begrüßungsdrink auf dem Balkon direkt weiter, diesmal in eine Bar gegenüber dem Bodega Café. Savas war ebenfalls dort, half den Kellnern bei der Arbeit und verdiente sich bestimmt einige Lira dazu. Denn am diesen Abend wurde das Fußballspiel zwischen Besiktas Istanbul und Lokomotive Moskau übertragen. Während wir das Spiel schauten setzte sich der 50-jährige Ali zu uns und wir quatschten den ganzen Abend über Fußball, Politik und tranken das ein oder andere Bier. Nach dem Unentschieden zwischen den beiden Mannschaften verabschiedete ich mich von Savas und seinen Freunden, denn vor meiner Abreise am frühen Freitagmorgen sollten wir uns nicht mehr wiedersehen. Savas und ich verabredeten aber uns wiederzutreffen, vielleicht nach seiner Auswanderung in Costa Rica.
Viktor und ich zogen ein paar Türen weiter ins Arsen Lupen. Hier sollte eine Open Jam Session stattfinden. Wir waren allerdings viel zu früh, nämlich gegen 22 Uhr dort. Der Laden war noch leer, die Instrumente noch nicht aufgebaut. Wir blieben noch auf zwei Drinks, quatschen übers Reisen und zogen dann weiter. Leider hab ich den Namen der Bar im fünften Stock des Hauses vergessen. Aber auf dem Weg die Treppe hoch kommt man in jeder Etage an einer Bar vorbei. Oben angekommen ergattertern wir noch einem Fensterplatz direkt an Bar. Wir fanden uns in einer hippen kleinen Location wieder, die Stimmung war gut, die Band macht gerade ihren Soundcheck.
Wir kamen schnell ins Gespräch mit drei jungen „Aerospace Engineering“ Studenten aus Amsterdam, die gestern ihren 6-wöchigen Trip gestartet haben. Istanbul ist lediglich ein Zwischenziel auf ihrem Weg nach Thailand und so konnte ich noch meine Empfehlung für Koh Chang aussprechen. Mal sehen ob sie dort wirklich landen. Nach interessanten Gesprächen hieß es für mich gegen eins Abschied nehmen, denn um sechs ging die Metro zum Flughafen.
Freitag, 6.11.
Morgens um sechs. Es ist noch dunkel und ich schleiche mich leise aus der Wohnung. Keine Ahnung wann Viktor nach Hause gekommen ist, ich habe tief geschlummert und nichts gehört. Am Flughafenterminal entdecke ich überrascht eine Paypalautomat, an dem man sein Restgeld einwerfen kann und dies gegen eine geringe Gebühr und durch Eingabe seiner E-Mail Adresse auf Paypal Konto überweisen kann. Dazu braucht man dann nur noch einen Bestätigungslink klicken, den man per Mail zugeschickt bekommt. Super Sache, hat bei mir problemlos geklappt. So funktioniert das heute mit dem Geldumtausch. Im Gegensatz zum Hinflug war der Flieger diesmal voll besetzt. Der Rückflug war problemlos, auch wenn am Zielflughafen auch an diesem Morgen eine Fliegerbombe gesprengt werden musste. Auf meine Ankunftszeit hatte dies zumindest keine Auswirkungen.
Fazit:
Istanbul gehört für mich zu dem Hotspot europäischer (asiatischer) Städte überhaupt. Die kulturellen Angebote, die Leute, das Nachtleben… auf meine Citytrip habe ich ich durchweg positive Erfahrungen sammeln können. Ein Gastgeber der es außerdem schafft, dass ich mich bei ihm, unter seinen Freunden und in seiner Stammkneipe zuhause fühle, der kann sicher sein, dass ich wieder bei ihm einkehren werde. Entweder in Istanbul oder in Costa Rica… wenn er sich seinen Lebenstraum einer Auswanderung erfüllt hat. Danke für die tolle Zeit: Savas & Friends ( Türkei), Margo (Frankreich), Wang & Friends (China), Aleksey und Isa (Russia), Viktor aus San Francisco.
Ein interessanter und schöner Bericht. Macht Lust auf Istanbul.
Ich kann einen Besuch in Istanbul wirklich nur empfehlen.