Vorwort:

Mein ursprünglicher Plan, mit einem Dachzeltbus (www.daltus.de) durch Jordanien zu reisen, hatte sich durch aktuelle Einreisebestimmungen auf dem Landweg zerschlagen. Als meine Reiseplanungen konkreter wurden, erzählte mir mein Onkel, Heinz „Sherlock“ Schulze, dass er ebenfalls nach Jordanien wollte, um Teile der Geschichte einer Reise der Essener Brüder Fritz und Willi Aufermann zu recherchieren, die 1928 mit dem Motorrad nach Afrika gefahren sind. Auf ihrer Reise trafen sie unter anderem den König von Transjordanien. Das war unser Rechercheansatz. Ziel war es herauszufinden, ob in einem königlichen Archiv noch weiteres Bildmaterial oder Informationen zu finden waren.

Dienstag, 1.11.

Abflug 9.35 Uhr von Düsseldorf nach Berlin. Nach 50 Minuten waren wir am Flughafen Tegel angekommen. Es wird wirklich Zeit diesen durch BER abzulösen. Enge Gänge, die gleichzeitig folgende Funktionen beherbergen: Checkin Abfertigung, Shops,  Ticketcenter sowie Durchgangsverkehr. Vielleicht in den 1980er Jahren noch ausreichend, heute aber bei weitem nicht mehr. Statt wie geplant um 14.40 Uhr ging es erst eine Stunde später nach Jordanien, nach vier Stunden Flugzeit erreichten wir dann Amman. Reisen mit Kind übrigens kein Problem, das zeigten mir gleich zwei Pärchen, die selbst mit Baby und Kleinkind auf Rucksacktour nach Jordanien reisten.


Als zukünftiger Vater interessierte mich schon, wie und welche Trips mit Kleinkindern alle machbar sind. Antwort, alle!

Mein Rucksack am Gepäckband ließ auf sich warten. Es nieselte. Rund 30 Minuten brauchten wir mit dem Taxi nach Madaba zum Moab Land Hotel. Da es schon dunkel war, gab es kaum einen Eindruck, den ich zu diesem Zeitpunkt beschreiben könnte. Wir weckten die „Rezeptionistin“, die müde von der Couch aufstand, uns den Schlüssel und einen Zettel mit dem Türcode und Wifi-Passwort in die Hand drückte, sich mit den Worten „checkin tomorrow“ verabschiedete und sich wieder hinlegte.

Das Zimmer war zweckmäßig, mehr nicht. Kurz mal vom Balkon geschaut, dann hat uns der Hunger um 22 Uhr nochmal auf die Straße getrieben. Einige kleine Läden hatten noch auf und so gönnten wir uns eine Falaffel für einen halben Dinar (64 Cent). Wir wurden nett begrüßt und gratis hab’s dann auch noch ein Falaffelbällchen umsonst dazu. Eingedeckt mit genug Wasser aus dem Kiosk nebenan ging es zurück ins Hotel.

Mittwoch, 2.11.

Die Nacht war kurz. Denn wer mit einem Schulze reist muss mit einem Schnarchkonzert rechnen. In diesem Fall wohl mehrstimmig. Die Ohrenstöpsel halfen gegen 3 Uhr zumindest etwas einzudösen. Die lästige Mücke hielt sie aber nicht ab. Ab 6 Uhr beginnt übrigens das Hupkonzert auf den Straßen und als dann noch die asiatische Reisegruppe zur Besichtigung der griechisch orthodoxen Kirche St. George aus dem Bus ausstieg, war es mit dem Schlafen endgültig vorbei.
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Unser Frühstück nahmen wir auf der Dachterrasse bei strahlendem Sonnenschein ein. Der Check-in war auf Grund der ausgefallenen Online-Verbindung immer noch nicht möglich. Das bedeutete aber auch, dass wir die Reservierung des Mietwagens telefonisch vornehmen mussten. Gesagt getan, der Mittelklassewagen war reserviert und sollte am Freitag gebracht werden.

Wir entschieden statt dem Taxi für 20 Dinar + X den öffentlichen Bus in die 3,5 Mio. Einwohner Hauptstadt Amman zu nehmen. Vom zentralen Busplatz, ca. zehn Minuten vom Hotel entfernt, ging es rund eine Stunde in die City. Da es nur wenig öffentliche Bushaltestellen gibt, könnt ihr euch einfach an die Straße stellen und alles zu euch winken, was einen grünen Streifen am Kennzeichen hat, denn dabei handelt es sich um öffentliche Verkehrsmittel oder aber Mietwagen. Wohin der Bus allerdings genau fährt, muss man erfragen.

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Die Stadt, die ursprünglich auf sieben Hügel angelegt war, erstreckt sich heute über 20 Hügel in alle Richtungen. Amman gehört zu den ältesten Städten der Welt, erste Ansiedlungen gehen auf das 8. Jahrtausend v. Chr. zurück, aber abgesehen von den antiken Bauwerken stammen die meisten Häuser aus den 1920er Jahren. Mit dem Taxi überbrückten wir den Rest der Strecke nach Downtown, dort befand sich nicht nur der königliche Palast, sondern auch das Jordanische Museum. Unser erstes Ziel: Die Zitadelle (Jabal Al-Qalaa), von dessen Ruinen man einen herrlichen Blick über die angrenzenden Stadtteile hat. Die Zitadelle, die von Römern, Byzantinern sowie Arabern genutzt wurde, bietet einen herrlichen Blick auf die Stadt.

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Teil der Festung ist der Omajjaden-Palast, der etwa 750 n. Chr. erbaut wurde. Daneben gehören auch das Forum und das Theater, zu den besterhaltentsten Gebäude der Antike. Zur Zeit des Kaisers Mark Aurel wurde auf der mittleren Terrasse der Zitadelle noch ein monumentaler Herkulestempel errichtet.

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Nach der Besichtigung der historischen Anlage auf dem Zitadellenhügel und dem Museum machten wir uns auf dem Weg nach unten. Es ging durch verwinkelten Gassen bis zum römischen Theater. Erbaut wurde dieses bereits im 2. Jahrhundert v. Chr. am Fuße des Bergs Al-Taj. Rund 6.000 Personen fanden darin Platz.

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Noch heute kann man sich bei Konzerten von der guten Akustik überzeugen. Es war Mittag, als wir das römische Theater verließen und uns auf die Suche nach etwas Essbarem machten. Wir schlängelten uns vorbei an kleinen Shops und Marktständen (Souks).

An einem Straßenrestaurant wurden wir dann aufgefordert Platz zu nehmen. Heinz nahm etwas vegetarisches, ich „chicken with rice“. Mit Getränken und Vorspeise war das eine ganz schöne Portion, die uns zusammen läppische vier Dinar, also umgerechnet 5,09 EUR kostete.

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Die Füße waren mittlerweile heiß gelaufen und so entschieden wir uns am Nachmittag mit dem Bus wieder nach Madaba zu fahren. Der Verkehr war weitaus dichter als noch am Morgen und so dauerte die Fahrt etwas länger. Übrigens, die Busse sind meist auf arabisch beschriftet, aber fragen könnt ihr die „Einweiser“ an den großen Bushaltestellen. Die stellen euch dann schon an die Stelle, an die der richtige Bus vorfährt. Die Fahrt von Madabar nach Amman kostete 60 Piaster (76 Cent). Kleingeld bzw. kleine 1-Dinar-Scheine sind also von Vorteil. Das Geld wird irgendwann unterwegs während der Fahrt eingesammelt. Achtung, auch öffentliche Busse können bei Straßen Kontrollen angehalten werden. Alle ID-Cards der Einheimischen wurden eingesammelt und kontrolliert. Unsere Reisepässe musste wir nur kurz vorzeigen. Ihr solltet euch also immer ausweisen können.

Kurz ausgeruht ging es Abends durch die Gassen von Madabar. Am Morgen hatte ich in einen der Klamottenläden ein perfektes Geschenk für meine Freundin entdeckt. Leider schloss der Laden gerade, so dass ich nochmal wiederkommen musste. Was mir an diesem Abend extrem auffiel war, dass die Straßenränder hier in Madabar total verdreckt sind. Vor allem Plastiktüten und PET Flaschen fallen auf. Das ist nicht anders als in den Hinterhöfen in der Karibik, Thailand oder Bali, Ägypten oder sonst wo auch und betrifft insbesondere die Felder umliegend der größeren Städte. Dort verfängt sich alles was an Plastikmüll weggeweht wird. Auf den Fahrten nach Amman und zurück fällt einem das sofort ins Auge. Kein Wunder bei der Müllproduktion, denn selbst in den Straßenbuden in Amman hatten wir unser Essen auf Plastiktellern serviert bekommen, obwohl es nicht „to go“ war. Scheint nicht zu stören, sind die Mülltonnen mal voll – sofern sie überhaupt benutzt werden – dann werden diese einfach angesteckt und der Müll verbrannt.

Wir kehrten zum Abendessen ins Ayola Café, gleich neben unserem Hotel, ein. Neben arabischer Musik hört man auch die internationalen Hits und der Kellner trägt schon einmal ’nen flotten Pullover der Fußballmannschaft Rot-Weiss Ahlen. Doch auch hier waren die Preise für das Essen sehr human. Das Teuerste an diesem Abend war das Bier, das im Verhältnis zum Essen mit 4 Dinar (5,09 Euro) für 0,33 Liter zu buche schlug.

Donnerstag, 3.11.

Nach dem Frühstück war unser erstes Ziel der Klamottenladen, der ein wunderschönen, aber wirklich wunderschönen schwarz-gelb gepunkteten Bademantel inkl. Frottee Stiefel in der Auslage präsentierte. Laut Angestellte sollte dieser „ten“ Dinar, rund zwölf Euro kosten. Aber als ich den Zehner hin hielt, sagte sie „no, ten“ und wollte mir den Zwanziger aus dem Portomonaie ziehen.

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So gern ich diesen Bademantel auch einer Schalker-Sympathisantin mitgebracht hätte, dass war dieser wirklich nicht wert. Entgegen meiner Hoffnung, dass nun das Feilschen beginnt, wurden wir mit einem freundliche „Bye“ aus dem Laden verabschiedet. Hä, ich dachte Feilschen sei hier ein Nationalsport?

Etwas enttäuscht machte wir uns auf den Weg zum nächsten Kreisverkehr und folgten dem Tipp unserer Hotel-Rezeptionistin und stiegen nicht in ein gelbes, sondern in ein weißes Taxi ein. Diese sind nämlich billiger, gelten aber u.a. als Gruppentaxi. Einen Dinar (1,27 EUR) zahlten wir pro Person für die rund zehn Kilometer bis zum Mount Nebu.

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840 Meter über dem Meeresspiegel befindet sich einer der wichtigsten Pilgerstätten Jordaniens. Dem biblischen Buch Exodus zufolge, soll Moses von hier aus das gelobte Land gesehen haben. Heute sind dort Überreste einer ehemaligen Basilika verziert mit historischen Mosaiken zu sehen.

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Außerdem hat man bei gutem Wetter einen Blick über das Tote Meer bis nach Jericho. Betrieben wird die Anlage übrigens von Mönchen des Franziskanerordens, die diesen Teil des Bergs 1933 gekauft haben. 2009 besuchte Papst Benedikt XVI diese heilige Stätte.

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Zu Fuß machten wir uns dann an den Abstieg auf der Suche nach der „Mosesquelle“. Es waren so gut wie keine Autos oder Touristenbusse dorthin unterwegs. Das eine oder andere Mal wurden wir auf dem rund einstündigen Weg von Hunden „verbellt“, die am Rande von Camps ihre Ziegenherden verteidigen wollten oder bei Fremden auch einfach anschlugen. Der Weg war recht steil, führte aber entlang einer geteerten Straße. Selbst die Hirten winkten uns erstaunt zu, sah man vor Ort wohl eher weniger Touristen, geschweige den zwei Europäer die zu Fuß unterwegs waren.

Bei der Mosesquelle handelt es sich um einen Flusslauf, der bei unserer Ankunft versiegt war. Lediglich aus einem Fels plätschert das Wasser, das Einheimischen auch als Trinkwasserquelle dient. Außerdem treiben die jungen Ziegenhirten ihre Herden dorthin, damit diese dort ihren Durst stillen können. Natürlich zweigten auch wir uns etwas von dem „heiligen Wasser“ ab.

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Wir wollten uns gerade auf den Weg nach oben machen, als ein Auto hielt, eine jordanische Familie zusammenrückte und uns netterweise in ihrem Auto mit nahm. Oben angekommen verabschiedeten wir uns und von dort aus ging es rund zwanzig Minuten zu Fuß weiter bis ins nächste Dorf, wo wir endlich ein Taxi fanden. Unser nächstes Ziel, der Schuppen „Bikers Corner“ am Rande des Highways, auf halber Strecke nach Amman.

Dort angekommen stöberten wir noch in einem benachbarten Motorradladen, bevor wir uns zum Essen im Bikers Corner einfanden. Vor der Tür kein einziges Motorrad, lediglich luxuriöse Autos. Mit Motorrad hat der Laden bis auf die Poster und zwei Ausstellungsstücke nichts zu tun. Für jordanische Verhältnisse würde ich das Restaurant als gehoben bezeichnen, doch das Essen war günstiger als ich dachte, aber im Ganzen hatte ich mir was anderes vorgestellt. Dennoch kamen wir ins Gespräch mit einem Mitglied des Royal Jordanien Motorrad Clubs. Seit 2008 kümmert sich der Club darum, das Motorrad unters Volk zu bekommen und ist sogar für die Vergabe von Führerscheinen zuständig. Viele Bikes sieht man in Jordanien allerdings nicht, schließlich ist das Fahren für Einheimische noch nicht lange erlaubt und war zuvor nur der Polizei und Mitgliedern der jordanischen Königsfamilie vorbehalten. Auf unserer Suche nach Details zur Geschichte der Gebrüder Aufermann sind wir heute nicht fündig geworden, aber zumindest wurden Nummern ausgetauscht und Salim vom Motorradclub wollte uns helfen, ein bestimmtes Buch über eine weitere Motorradreise eines Syrers zu finden, der in den 50iger Jahren unterwegs war.

Wir verließen Bikers Corner, kreuzten zu Fuß den Highway und warteten nur ein paar Minuten am Rande der Madaba Al Gharbi Street auf den nächstbesten Bus, der uns  verlorene Europäer schon mit Lichthupe begrüßte und uns einlud. Zufällig fuhr er dorthin, wo wir hinwollten, nämlich zurück nach Madabar.

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Wir besichtigten noch die St. George Kirche, eine griechisch-orthodoxe“ Kirche, bevor wir uns eine Stunde im Hotel ausruhten. Beim anschließenden Stadtspaziergang suchte ich nach einem Heckaußenspiegel, was bot sich also besser an, als in einer der lokalen Werkstätten, die meist unterhalb von Wohnhäusern oder anderen Verschlägen platziert sind, mal nachzuhaken. Leider konnte keiner der Mitarbeiter englisch, aber der erfahrene Globetrotter neben mir, tat das, was ich wahrscheinlich nicht gemacht hätte. Heinz nahm einen der Jungen einfach an die Hand, schleppte ihn mit zum nächsten Auto, zeigte auf den Außenspiegel, zeigte dann ans Heck und deutete auch noch auf einen vorbeifahrenden Minibus, der eben einen solchen Spiegel montiert hatte. Alles klar, etwas verdutzt, aber nun wissend was wir meinten, ging es zurück ins Büro und weil sie keinen Spiegel da hatten, wurde der junge Mann kurzerhand dazu gezwungen das Wort „Außenheckspiegel“ auf arabisch auf einen Zettel zu schreiben. Zwei Minuten nach dem Betreten der Werkstatt steckte mir mein Onkel also die Notiz mit den Worten zu: „Damit kannst du dann in der nächsten Werkstatt selbst nachfragen“. Danke.

Gegen halb neun kehrten wir in einem Restaurant ein. Neben uns am Tisch eine Gruppe deutsche Pfadfinder, die sich auf Austausch mit einheimischen Pfadfindern befanden. Gegenüber zwei weitere junge Deutsche, die gerade die nächsten Tagestouren besprachen. Mit beiden Seiten kamen wir kurz ins Gespräch, bevor der Musiker und Sänger seine Show begann. Mittlerweile war es voll geworden, hauptsächlich nicht moslemische Jordanier, wie mir mein Sitznachbar, ein jordanischer Pfadfinder – verriet. Und er wusste auch, dass der Mann hinten rechts in der Ecke Moslem war, aber gerne mal dieses Restaurant zum Verzehr alkoholischer Getränke mit seiner Frau besuchte. Na dann. Prost.

Freitag, 4.11.

Pünktlich um 10 Uhr nahmen wir den Schlüssel unseres 60 PS starken Automatikwagens entgegen. Entgegen unserer Buchung handelt es sich allerdings nicht um einen Mittelklassewagen, sondern einen Nissan Micra. Also, ausgecheckt und in den Verkehr gestürzt. Der jordanische Fahrstil ist easy, alles geht und fast alles ist erlaubt. Aufpassen muss man lediglich auf die unangekündigten Straßenschwellen, die schon die ein oder andere Achse weggerissen haben, und auf die Polizeikontrollen und Fahrten in Dunkelheit. Ansonsten heißt es: Hupen, Platz da, ich komme. Gehupt wird übrigens immer und überall, es gibt Codes für „ich überhole rechts“, „ich überhole links“ oder einfach nur „du Arschloch“. Auseinderhalten kann ich diese allerdings nicht. Nicht selten wird eine einspurige Straße zur dreispurigen. Achtet bei einem Leihwagen auf eine ausreichende Motorisierung, Jordanien ist nicht nur leicht bergig, einige Straßen haben richtig Gefälle. Übrigens, der Kleinwagen hat uns inkl. Versicherung mit Eigenbeteiligung 25 JD ( 32 Euro) pro Tag gekostet.

Unser erstes Ziel war Jerash, besser gesagt die weltweit besterhaltene römische Stadt: das antike Gerasa. In ihrer Glanzzeit lebten dort rund 20.000 Menschen, bis langsam der Verfall begann und die Stadt im 9. Jahrhundert endgültig verlassen wurde.

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Wohnen, Handeln, Lifestyle. Die Stadt beherbergte ein Hippodrom, zwei große Amphitheater und ein großes öffentliches Bad. Ihr könnt viele noch gut erhaltene Säulen an der rund 800 Meter langen Allee bewundern und schlendert auf Originalpflaster aus dem Jahr 150 nach Christus. Der Weg ist mittlerweile sehr uneben, da darunter das Abwassersystem hergeleitet wurde und entsprechend zusammengesackt ist.

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Im Anschluss an unsere Besichtigungstour und ein Mittagessen, machten wir uns am Nachmittag auf den Weg nach Ajloun (Adjun oder auch mal Aijloun geschrieben). Die Stecke führte über Berge und durch Täler, meist aber auf guten bis mittelmäßigen Straßen bis kurz unterhalb der Festung Qala’at ar-Rabad. Eine Unterkunft fanden wir im Ajloun Hotel für 35 JD ( 44 Euro) für das Zimmer inkl. Frühstück.

Als wir am Abend im Saal als einzige Gäste Platz nahmen, erinnerte mich der Aufenthalt an den Filmklassiker „Shining“: menschenleere Räume, das Hotelbesitzerpaar, und wir als einzige Gäste. Und das im November, der noch zur zweiten Hauptreisezeit in Jordanien zählt.

Samstag, 5.11.

Nach unserem Frühstück bat uns die Hotelbesitzerin unseren Freunden von diesem tollen Land zu erzählen. Denn auch Jordanien leidet – völlig unberechtigt – unter den Auseinandersetzungen in der arabischen Welt , vor allem dem Krieg in Syrien, und damit an schwindenden Touristenzahlen. Sie schwärmte ausserdem von ihrem Nachbarland, welches sie schon dreimal besucht hatte. Und sie konnte auch nicht verstehen, warum ein so tolles Volk wie die Syrer unter dem Krieg leiden muss.

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Vom Hotel aus war es eine Minute bis zur Burgfestung, die wir heute als einer der ersten Gäste besuchen wollten. Ein beeindruckendes Monument und dazu noch gut erhalten. Vom örtlichen Polizist wurden wir mit den Worten „Feel Jordanian as your second home“ begrüsst. Und das spiegelt das wieder, was wir in den ersten Tagen überall in Jordanien erlebt hatten: pure Gastfreundschaft. Die Festung Adschlun wurde 1184 erbaut. Wenn man von oben in die Täler schaut, kann man eigentlich von einer perfekten Lage der Burg sprechen, trotzdem schafften es die Mongolen 1260 kurzzeitig, das in 980 Metern Höhe gelegene Bauwerk einzunehmen.

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Im Anschluss an unsere Besichtigungstour machten wir auf in Richtung Jordantal, den Grenzstreifen zu Israel und dem Westjordanland. Als wir auf einem Schild die Inschrift „Jesus Cave“ lasen, entschieden wir uns einen Zwischenstopp einzulegen. Die kleine Straße wurde zur Schotterpiste und endete abrupt am Ende eines steilen Hangs zwischen ein paar wenigen Wohnhäusern und einer Schaf- und Ziegenfarm. Heinz entschied sich trotz kläffender Hunde mal nachzufragen, wo um Himmels Willen wir sind, und vor allem in welcher Höhle sich Jesus versteckt. Die drei Jungs und der Hirtenboss Sale konnten kein Wort Englisch, trotzdem wurden wir auf einen extra starken Kaffee sowie einen Zug an der Wasserpfeife eingeladen.

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Das Ziegelhaus bzw. Zimmer war nicht nur Aufenthaltsraum, sondern auch Schlafstätte, die lediglich aus einer Matratze und alten Säcken bestand. Eine Kochstelle gab es natürlich auch. Wundert euch nicht, selbst im hintersten Wüstenwinkel, wo es nur karge und schlichte Lebensverhältnisse gibt, spielt das Smartphone eine wichtige Rolle. So auch hier. Wo allerdings der Strom herkam, konnten wir nicht entdecken.

Nach einer Unterhaltung mit Händen und Füßen brachte uns Sale zum Eingang von Jesus Cave, in die wir einen Blick werfen könnten. Was Jesus allerdings dort gemacht hat, wir wissen es nicht. Es schien, als wären wir seit Jahren die einzigen Touristen, die sich dorthin verloren hatten. Wir verabschiedeten uns und unser Weg führte uns weiter vorbei an den Ruinen von Pella über kurvige Bergstraßen bis ins Jordantal. Und dort grünt alles bis zum Beginn des Toten Meeres. Das Jordantal ist die landwirtschaftliche Versorgungsstation Jordaniens. Hier im Tal er wird alles angebaut, was viel Wasser benötigt. Die Vegetation ändert sich hier unten enorm. Aus dem Fluss wird zur Bewässerung soviel Wasser entnommen, dass nur noch ein Rinnsal aus Abwässern in das Tote Meer fließt. Das Tote Meer ist eigentlich ein See, der durch die Austrocknung mittlerweile 428 Meter unter dem Meeresspiegel liegt. Am südlichsten Punkt befindet sich auch „the lowest point on earth“.

Wir hielten kurz am Rande eines Aussichtspunktes, um ein Foto zu schießen, bevor es zurück in die Berge ging. Da wir den Verkehr in Amman gerade bei Dunkelheit umgehen wollten und unterwegs auch kein Hotel gesehen hatten, entscheiden wir uns zurück nach Madaba zu fahren und im Queen Ayola Hotel für 25 JD (32 Euro) einzuchecken. Die Gegend kannten wir ja nun bereits und deshalb fiel unsere Wahl nach dem Checkin‘ wieder auf das zwei Minuten entfernte Ayola Restaurant, in dem wir am Mittwoch schon waren und uns mit Falafel, Chicken-Sandwich, Pfefferminztee und Amstel Bier versorgten.

Sonntag, 6.11.  

Nach dem Frühstück ging es mit dem Auto nach West-Amman, mit Zwischenstopp im „Guten Tag“ Cafe. Wir wollten doch mal schauen, ob sich ein deutscher Auswanderer als Namensgeber entpuppt. Aber nein, das tat er nicht. Der junge jordanische Besitzer hat das Café so genannt, um die Absolventen der nahe gelegenen deutsch-jordanischen Universität anzusprechen und ihnen beim Vorbeifahren einen guten Tag zu wünschen und so die Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen. Mit dem stylischen und modernen Ambiente ist ihm das bei uns schon einmal gelungen.

Während wir nach etwas Suche die Autos und Motorräder im Royal Automobile Museum bestaunten, kündigte uns ein Mitarbeiter beim Museumsdirektor an. Die Ausstellungstücke reichen von den 1920er Jahren bis heute und zeigen eindrucksvoll die Motorsportbegeisterung der jordanischen Königsfamilie. Die Fahrzeuge sind im 1a Zustand und lassen jeden Auto- und Motorradfan das Herz schneller schlagen.

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Eine Ausflugstipp für Jordanienreisende ist dieses Museum im jeden Fall. Am Mittag wurden wir dann ins Büro von Raja Gargour, dem Direktor des Museums gebeten. Er ist gleichzeitig eines der Gründungsmitglieder des Royal Motorcycle Clubs und bestaunte die Bilder und Artikel der Brüder Aufermann, die Heinz mitgebracht hatte. Leider vermutete auch er, dass es von Seiten der königlichen Familie keine weiteren Unterlagen zu den Brüden und ihrem Besuch in Jordanien gibt.

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Er sagte aber zu, in den anderen Nationalmuseen nachzuhören. Dafür hatte er Interesse am Kauf eines DKW 200 ccm Modells, mit dem die beiden Brüder diese Tour gemacht haben. Er könnte sich vorstellen eine Sonderausstellung zu machen und bat Heinz darum, in Deutschland nach einem entsprechenden Modell Ausschau zu halten und ihn zu informieren. Leider war es auch ihm nicht möglich Leihmotorräder für Touristen auf die schnelle zu besorgen. Er bekräftigte aber, das es über Israel möglich sei mit den eigenen Motorrädern einzureisen. Mit Souvenirs verließen wird das Museum und fuhren über Madabar in Richtung Totes Meer entlang steiler Bergstraßen.

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Die Ma’in Springs Street hat ganz schön Gefälle, bot uns aber auch einen grandiosen Blick über das Tote Meer ins Westjordanland. An der Straße liegen Hammamat Ma’in (die heiße Quellen von Ma’in), eine weitere Sehenswürdigkeit der Gegend. Die Quellen liegen 264 Meter unter dem Meeresspiegel und werden durch die Erdwärme auf 63 Grad erhitzt. Wer will kann dort im teuren Evason Ma’in Hot Springs Hotel unterkommen.
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Wir fuhren die Küstenstraße weiter, aber weit und breit gab es kein Hotel. Es wurde dunkel und Fahren macht dann nur bedingt Spaß. Der Verkehr ist geprägt durch Lastwagen, deren Beleuchtung gar nicht mehr funktioniert, oder entgegenkommenden Autos, die einen so stark blenden, dass man die fiesen Bodenschwellen nicht mehr sieht. Mein Tipp, auch wenn der Vordermann 120 Km/h fährt, bleibt dran und folgt seiner Spur.

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Nach einem Zwischenstopp in einem Dorfsupermarkt wurde uns bestätigt, dass es hier weit und breit hier kein Hotel gibt. Also entschieden wir uns die rund 60 Kilometer nach Dana weiterzufahren. Mehr als die Hälfte steile Bergstraßen bei absoluter Dunkelheit. Das war allerdings angenehmer als mit dem Gegenverkehr.

Unser Leih-Micra schraubte sich also Meter um Meter nach in die Höhe. Hier oben in den Bergen leben streunende Hunderudel, die nur darauf warten im Scheinwerferlicht laut bellend auf das Auto zuzulaufen. Überfahren habe ich an diesem Abend keinen. Glaube ich. Leider ließ die Ausschilderung zu wünschen übrig und als wir an einer Kreuzung fragend von links nach recht schauten, hielt ein Einheimischer und bot uns an, ihm bis nach Dana hinterherzufahren. Die nächste halbe Stunde folgten wir ihm und achteten auf seine Warnungen: bei jeder sich nahenden Bodenschwelle ging die Warnblinkanlage an, bei jeder scharfen Kurve der Blinker. Kurz vor der steilen Abfahrt nach Dana, trennten sich unsere Wege. Vielen Dank dafür.

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In Dana angekommen, war das Dana Tower Hotel schon voll belegt, im benachbarten Dana Hotel fanden wir dann noch ein Zimmer für 35 JD (45 Euro) inklusive Frühstück. Nach dem wir unsere Rucksäcke abgelegt hatten, zog es uns zum Buffet. Beim Abendessen trafen wir nicht nur das junge holländische Pärchen, die wir heute morgen im Ayola Hotel kennengelernt hatten und die morgen in Dana eine Trekkingtour starten wollten, sondern auch die zwei deutschen Jungs, die am Donnerstag neben uns am Tisch im Restaurant in Madaba saßen. Wir tauschten die ein oder anderen Reiserfahrungen und Besichtigungstipps aus.

Montag, 7.11.

Wow, was für ein Ausblick. Das hatte ich nach unserer Ankunft im Dunkeln nicht erwartet. Das Geisterdorf Dana, bestehend aus zahlreichen verlassen Häusern, fünf Hotels und eben so vielen Familien die hier leben, liegt eingeschlossen von rot-braun leuchtenden Gebirgszügen am Rande des 320 Quadratkilometern großen Naturreservats Dana.

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Das Biosphärenreservat umfasst das Wadi Dana mit seinen Nebentälern. Der Höhenunterschied reicht von 300 Meter ü. NN bis zu 1700 m hohen Felsplateaus. Hier leben besonders bedrohte und nur noch seltene Tierarten wie der Nubische Steinbock, der Wüstenluchs oder die Streifenhyäne.

Unser Frühstück nahmen wir auf der Terrasse ein und entschieden uns im Anschluss für eine kleine Wanderung oberhalb des vor rund 500 Jahren gegründeten Dorfes. Der Ausblick auf die seit Jahrtausenden rundgewaschenen Felsformationen und ins Tal ist atemberaubend. An dem ein oder anderen schmalen Weg oder besser gesagt Ziegentrampelpfad, an dem es hundert Meter und mehr senkrecht nach unten geht, lief ich nicht mehr so entspannt entlang. Denn die Höhe machte mir zu schaffen. Dazu der lose Geröll-Untergrund. Aber mein 19 Jahre älterer Begleiter mit Problemen in den Knien zeigte mir wie es gemacht wurde. Na klasse.

Die „kleine“ Wanderung war super und die ersten Eindrücke, die ich schon vom Dorf gewonnen hatte, wurden noch einmal bekräftigt. Ein tolles Fleckchen Erde. Am späten Vormittag tranken wir noch Tee auf der Dachterasse des Dana Tower Hotels, bevor wir uns wieder auf dem Weg machten.

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Vom Dorf Dana nach Petra nahmen wir noch zwei Locals mit und setzten sie an ihren nahegelegenen Dörfern ab. Gegen Nachmittag erreichten wir Wadi Musa vor den Toren der berühmten Felsenstadt Petra. Einen Besuch hatten wir erst für den nächsten Tag geplant. Vor dem Visitor Center wurden mit großen Polizeiaufgebot der polnische Präsident Andrzej Duda und seine Ehefrau Agata begrüßt und durch die Felsenstadt kutschiert. Wir hingegen bereiteten uns mit einem Falafel-Sandwich auf das Abendessen im Hotel vor, sozusagen um eine Grundlage für das Buffet schaffen.

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Und siehe da, im Flur vor unserem Zimmer saß Susanne aus Bochum. Was ein Zufall, zum gleichen Tag, trotz der Vielzahl an Hotels und dann noch auf der gleichen Etage, aufeinander zu treffen. Susanne und ihr Mann Michael waren ebenfalls auf einer Rundreise. Wir trafen uns erstmals im Museum auf dem Zitadellenhügel in Amman am zweiten Tag unseres Aufenthalts und unterhielten uns eine Weile. Nach einem kurzen Plausch verabschieden wir uns und scherzten: „Vielleicht trifft man sich ja in Akaba wieder.“

Dienstag, 8.11.

„Petra ist der herrlichste Ort der Welt“ schwärmte T. E. Lawrence alias „Lawrence von Arabien“ von der Felsenstadt Petra. Und es stimmt (fast), schon der erste Eindruck ist überwältigend. Vom Visitor Center wanderten wir den über einen Kilometer durch die Schlucht mit bis zu 100 Meter hohen Felswänden.

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Und dann steht man vor ihr: der Fassade des „Schatzhauses“, Al Khazneh. 40 Meter hoch und 25 Meter breit. Die Kulisse kennt jeder, der schon einmal den Film „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ bis zum Ende gesehen hat.

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Die Nabatäer, ein arabisches Volk aus vor-islamischer Zeit, schlugen die Hauptstadt ihres Reiches vor mehr als 2000 Jahren aus den roten Sandsteinfelsen. In den Höhlen wurden die Verstorbenen bestattet. Petra war eine Totenstadt, deren Grabstätten bis heute erhalten sind, gleichzeitig war es aber auch eine blühende Handelsmetropole. Man schätzt, das in ihrer Blütezeit im 3. Jahrhundert v. Chr. 30.000 bis 40.000 Menschen dort gelebt haben. Im Museum kann man sich darüber informieren, wie ausgeklügelt die Wasserversorgung funktionierte, für diese Zeit eine echte Sensation.

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Erst in den 1920er Jahren begann man mit archäologischen Ausgrabungen und dann erst mit der Erschließung als Touristenattraktion. Der Hintergrund: Petra galt 1.200 Jahre lang als verschollen. Erst 1812 wurde es für Europa wiederentdeckt. Bis heute haben Forscher auf einer Fläche von ungefähr 20 Quadratkilometern etwa 1000 Gebäude und Gebäudereste festgestellt. Schätzungsweise sind bisher aber erst 20 Prozent des antiken Petra ausgegraben worden.

Auf dem Weg ins Zentrum und vorbei am römischen Theater war unser erstes Hauptziel der Felsentempel ad-Deir. Kleines Manko: Die Erreichbarkeit! Wer sich gegen ein Lastentaxi in Form eines Esels entscheidet, muss die mehr als 800 Stufen, meist ohne Schatten, selbst bezwingen. Aber es lohnt sich, steht man doch irgendwann vor dem 39 Meter hohen und 50 Meter breiten Bauwerk.

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Oben angekommen, kann man dann auch erst einmal im gegenüberliegenden „Restaurant“ entspannen, bevor es noch ein paar Schritte weiter geht. Alle paar Meter weist ein Schild, ein Pfeil oder sonstige Markierung auf „BEST VIEW in Jordan“ hin. Und tatsächlich kann man am Gipfel in einem kleinen Beduinenzelt eine Tee bekommen und auf Kissen am Rande der Klippen die spektakuläre Aussicht genießen.

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Nach unserem Abstieg erkundeten wir die Gräber der Königswand, an dessen Fuße weitere Ausgrabungen durchgeführt wurden. Man kann sich Stunden in der Felsenstadt aufhalten, aber am Nachmittag hatten wir genug. Die Füße schmerzten. Man sollte den 1,2 Kilometer langen Weg durch die Siq nicht vergessen. Alternativ kann man sich aber auch von einem Eselskarren bis zum Visitor Center – natürlich gegen Bares – fahren lassen.

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Und genau da liegt das Problem: das Tal riecht an vielen Stellen nach Stall, auch einzelne Grabhöhlen scheinen nach Schließung der Anlage als Stall für Esel und Kamele genutzt zu werden. Glücklicherweise riecht man davon auf den zahlreichen Trails in luftiger Höhe nichts. Allerdings leben im Tal auch die Händler, die entlang der entlegensten Wege bis an die Gipfel ihren Kram für einen Dinar an Frau oder Mann bringen wollen. So kann es passieren, dass ihr Höhlen betretet, die dem Verkaufspersonal als Müllhalde oder Toilette dienen. Es scheint sich hierbei übrigens um Familien zu handeln, die sich das Geschäft untereinander aufteilen. Die „Parkhüter“ dulden das. Aber am Parkeingang machen Schilder darauf aufmerksam, dass man – gerade von Kindern die vor ihren vor ihn Schüsseln mit Steinen sitzen lieber nichts zu kaufen. Häufig handelt es sich im abgebrochene Steine von Monumenten, der Kauf fördert also den weiteren Verfall der Stadt. Insbesondere wenn Monumente mutwillig zerstört werden, um sie in Form von Steinen als Andenken zu verkaufen.

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Am häufigsten habe ich heute die Worte „No,thank you“ (arabisch: la shukran) benutzt, denn gerade auf den Trail nach ad-Deir reiht sich ein provisorischer Shop an den anderen. Es nervt etwas, aber niemand ist zu aufdringlich. Und ja, auch hier oben sitzt jeder zweite Verkäufer mit dem Smartphone in der Hand hinter den selbstgezimmerte Bretterbuden. Und manchmal, steht sogar ein Schild „Free WI-FI“ dran.

Völlig groggy und verstaubt kamen wir am Nachmittag im Hotel an, zu kaputt um uns Abends noch „Petra by Night“ anzuschauen. Übrigens, der Eintritt kostet für einen Tag satte 50 JD (64 EUR) oder für zwei Tage 55 JD (70 EUR). Wie man die sparen kann, erfährt ihr am Ende des Blogs.

Mittwoch, 9.11.

Wir verabschiedeten uns am Vormittag aus Petra und bogen rechts ab auf die 35, den Kings Highway. Nein keine Autobahn, ein endlos langes Stück Straße, das von Jerash über Amman bis nach Aqaba führt. Der Weg der Könige, besser bekannt unter King’s Highway ist eine uralte Handelsstraße. Auf dieser Straße soll laut Bibel Moses versucht haben, durch die Königreiche Edom und Moab zu ziehen. Er beginnt eigentlich in Memphis (Ägypten), führt weiter nach Heliopolis, Ägypten, geht dann über Sues durch den Sinai nach Aqaba. Von hier aus geht er über Petra und Kerak nach Amman und weiter über Damaskus bis nach Resafa am Euphrat. Zwar gibt es in Jordanien parallel mittlerweile die Autobahn Desert Highway, aber landschaftlich ist der Kings Highway weitaus reizvoller. Die wohl spektakulärste Strecke liegt aber zwischen Mount Nebu und Petra.

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Wenn man auf dem der Highway die Dörfer verlässt, bietet sich auf den kilometerlangen Plateaus rechts und links nicht mehr als Steinwüste sowie ein paar Ziegen-und Schafsfarmen. Eine gut ausgebaute und ideale kurvige Strecke fürs Motorradfahren, und mit grandiosen Ausblicken. Aber aufgepasst, Schilder warnen vor Kamelen die es sich schon einmal – und gerade bei Dunkelheit – auf dem warmen Asphalt bequem machen. Am Mittag erreichten wir wir die südlichste Stadt Jordaniens: Aqaba. Wir checkten dort im Al Qidra Hotel ein. Das Doppelzimmer für 30 JD (39 EUR). Unser erst Weg führte uns fünf Minuten zu Fuß zum kleinen Hafen und zum öffentlichen Strand.

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Unter uns befindet sich Saudi Arabien, gegenüber Ägypten und vom Strand aus kann man nach Eilat in Israel rüber sehen. Was wir nicht sahen, waren Touristen. Außer… das kann doch nicht wahr sein. Am Steg trafen wir tatsächlich Susanne und Michael. Nach der herzlichen Begrüßung berichteten sie von ihrer Nacht in Wadi Rum und empfahlen uns die Nacht in einem Beduinendorf zu verbringen. Wir begleiteten die beiden noch bis zum Schiffsanleger und verabschiedeten uns. Denn sie hatten noch eine Schnorcheltour gebucht.

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Aqaba bietet ein paar nette Restaurants und hier ist Abends auch mal was los. Einfach  mehr für Touristen ausgelegt. Allerdings fühlen sich wohl hier am besten Tauchsportler aufgehoben, die an den Tauchbasen mit angeschlossen Hotel das Rote Meer erkunden wollen. Für uns nicht mehr als ein Pflichtabstecher auf unserer Rundreise. Die Option zu verlängern schlugen wir aus und zogen am nächsten morgen weiter.

Donnerstag, 10.11.

Checkout um kurz vor 10 Uhr. Wir haben noch zwei Stunden Zeit bis Ali uns Nähe Wadi Rum abholt. Gestern Abend hatten wir uns entscheiden, eine Übernachtung im Beduinen Camp (Hasan Zawaideh Camp) einzulegen. 20 JD (26 Euro) kostete das Zelt, das ein Mix aus Familienbetrieb und Touristendorf ist.

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Ali hatte uns Sekunden nach der Buchung per Whats App kontaktiert und GPS Daten für einen Treffpunkt übermittelt. Schnell noch die Koordinaten in die Google Maps Karte eingespeist und los ging es. Um die Zwischenzeit zu überbrücken fuhren wir die zehn Kilometer von Aqaba bis zur Saudi-Arabischen Grenze. Einfach nur mal um zu schauen, aber außer Industriegebiet gab es nicht viel zu sehen. Bevor es in die Wüste ging wurde nochmal aufgetankt und dann bogen wir auf den Kings Highway ab zurück in Richtung Amman. Am Treffpunkt angekommen schickte ich Ali eine Whats App Message und zwei Minuten später stand und er vor uns , zeigte mir unseren Chatverlauf und die Buchungsbestätigung als Nachweis, dass er kein Schlepper eines anderen Camps ist und forderte uns auf seinem Jeep zu folgen. Es war ein kurzer Offrad-Trip, den unser Leih-Micra heile überstand.

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Nach einem Kaffee und einem Tee entscheiden wir uns für eine zweistündige Tour mit dem Jeep durch die Sand- und Steinwüste für 35 JD (46 EUR). Schon beeindruckend welche Felsformationen sich über die Jahrtausende gebildet haben. Und natürlich macht die Fahrt auf dem Pickup über die Sanddünen sowieso schon Spaß.

Zurück im Camp verschliefen wir den Nachmittag bis es an die Tür klopfte: „Get up guys or you will miss the sunset“. Während Heinz im Camp das Kamerastativ aufbaute, spazierte ich 20 Minuten bis zur nächsten Düne und kletterte auf einem Felsen, um mir den Sonnenuntergang von dort aus anzuschauen. Und es ist tatsächlich ein Naturspektakel, ganz anders als Sonnenuntergänge am Meer. Durch den feinen Sandstaub färbt erscheinen die Farben noch intensiver. Ein toller Anblick.

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Im Camp gab es ein gutes Abendessen, für die üblichen 8 JD (11 EUR) pro Person, die wir durchschnittlich auch in den Hotels gezahlt hatten. Die Camps in der Umgebung, sowie auch unseres, sind übrigens in der Dunkelheit toll beleuchtet.

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Zusammen mit den vier Spaniern, Maria, Raoul und die beiden Namenslosen (ich kann ich leider nicht mehr an die Namen erinnern) sowie dem italienischen Pärchen und der fünfjährigen Tochter ging es mit dem Jeep raus in die Wüste. Ali wollte uns die Besonderheit der Wüste in der Nacht zeigen, nämlich die  absolute Stille. Mit Entspannungsritualen machte er den rund 1 1/2 stündigen Trip zu einem besonderen Erlebnis. Zu dem bat er uns sich von der Gruppe zu lösen und eine Strecke ganz alleine und für sich durch die Wüste zu gehen und sich dabei für die Stille und Atmosphäre Zeit zu nehmen. Zeit, die sich auch die Beduinen immer wieder nehmen (müssen), um neben dem Clan leben etwas Privatsphäre zu haben. Auch wenn dieses Leben heute nicht mehr in der ursprünglichen Form existiert, oder zumindest meist in Form eines touristischen Geschäftsmodells.

Bis zum späten Abend saßen wir noch am Lagerfeuer, tranken „Whiskey de Beduin“ (Tee) und unterhielten uns über die politische Lage und übers Reisen. Natürlich kam auch das Thema Islamismus und Terror zur Sprache. Ali, überzeugter Muslime, hat dazu eine ganz klare Meinung. Hört selbst:

In der Nacht wurde es tatsächlich ganz schön kalt, so dass die Wolldecke doch noch zum Einsatz kam.

Freitag, 11.11.

Nach dem Frühstück verabschiedeten wir uns von den vier Spaniern, die nur für einen Kurztrip von Israel nach Jordanien gereist waren, um sich per Taxi nach Petra und hier nach Wadi Rum kutschieren lassen. Mit ihrem Mietwagen durften sie nämlich nicht einreisen. Wir machten uns also nach einer herzlichen Verabschiedung von den Camp Beduinen und folgten der Beschilderung Richtung Wadi Musa. „Folgt einfach der Straßenbeschilderung“, … aha!

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Unser erneutes Ziel, die Geisterstadt Dana. In den kleinen Dörfchen auf unserem Weg herrschte Andrang vor den Moscheen, der Muezzin rief zum Freitagsgebet. Der Check-In verlief erfolgreich, hatten wir diesmal ein Zimmer für 18 JD (24 EUR) gebucht, um nicht wieder vor dem ausgebuchten Dana Tower Hotel zu stehen. Wir hatten die Wahl zwischen drei Zimmern und konnten bei einem Tee entspannt über die Dächer des Dorfes schauen.

Um 15 Uhr trieb uns der Hunger ins nächste Dorf, um im lokalen Supermarkt was zu beißen zu kaufen. Apropos beißen, das wollte der Hund auch, der plötzlich neben Heinz offenen Fenster auftauchte und sich aggressiv bemerkbar machte. Viele Touristen scheinen in dem überschaubaren Dorf keinen Halt zu machen, wir wurden leicht ungläubig auch nicht wirklich willkommen beäugt. Aber egal, auch ein Dorf hat mal einen schlechten Tag. Chips, Snickers, Bananen und Brot sollten reichen, um bis zum Abendessen durchzuhalten.

Zurück im Hotel verlängerten wir die Leihzeit unseres Mietwagens, da wir nun nicht mehr damit rechneten noch die letzten Tage zwei Motorräder auftreiben zu können. Teure Telefongebühren um den Rental Car Service anzurufen kann man sich sparen, heute funktioniert das kurz und knackig per Whats App.

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Übrigens, auf jeder Tour trifft man einem Urlaubsfreund. So auch diesmal im Dana Tower Hotel. Darf ich vorstellen…

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Bis zum Dinner passierte nichts. Wir saßen da, ich surfte im Netz und spielte Karten. Es gab bis zum Schlafen gehen lediglich zwei nennenswerte körperliche Aktionen. Der „Abstieg“ ins Zimmer, um mir einen Pullover anzuziehen weil es doch recht frisch wurde, und der Gang zum Buffet.

Tagestipp: Wer in Dana wandern geht, sollte Trekkingsstöcke und/oder Steine in der Hand halten, um sich die Straßenhunde vom Leib zu halten. Das gilt übrigens auch für andere Regionen. In Dana sind uns die lautstarken Rudel aber besonders aufgefallen. Und auch vor Autos machen sie nicht Halt. Insbesondere bei Dunkelheit würde ich von einem Spaziergang ohne Abwehrmittel abraten. Erschrecken tut man sich sicher, wenn einer oder mehrerer Tiere plötzlich aus einer der Ruinenhäuser oder dem nächsten Felsen hervorspringen. Diesen Nervenkitzel kann ich garantieren.

Samstag, 12.11.

Der Tag des Wiedersehens. Denn schon beim Frühstück trafen wir auf die zwei Mädels, die am vergangenen Donnerstag, 180 Kilometer entfernt, im Frühstücksraum des Al Qidra neben uns am Frühstückstisch saßen. Zufälle gibt’s. Naja, Zeit zum Packen, vom neuen Freund verabschiedet, Rucksäcke ins Auto geschmissen und weiter ging die Fahrt.

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Es sind zwar nur 156 Kilometer bis zum eigentlichen Ziel, dennoch zog sich die Fahrt in die Länge, da wir nicht die kürzeste, dafür aber mit Sicherheit die schönere Stecke zum Toten Meer wählten, nämlich über Karak. Als wir auf dem Weg an einer Anhöhe stoppten, lachte uns schon das holländische Pärchen an, die wir zuvor im Ayola Hotal beim Frühstück kennengelernt und bereits bei unserem ersten Besuch in Dana wiedergetroffen hatten. Witzig, eigentlich hätten wir jetzt zusammen anstoßen müssen. Die beiden waren auf dem Weg nach Madaba, ihren Leihwagen zurückgeben. Denn ihr Trip endete und für sie hieß es zurück nach Hause zu fliegen.

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Unser Weg führte uns vorbei an Ma’in Hot Springs. Die heißen Wasserfälle sahen wir allerdings nur von weiten, es war bereits zu spät um die 15 JD (20 EUR) Eintritt für in den Naturpark zu zahlen, also ging es nach einem kurzen Plausch mit dem Pförtner und Grüßen an einen Teil seiner Familie nach Berlin weiter. Erstmals machten sich heute die Bremsen unseres Leihwagens bemerkbar, die nach der vierten Berg- und Talfahrt anfingen zu stinken.

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Totes Meer, wie war das nochmal. Ach ja, nichts weiter als hochpreisige Hotels im Norden. Booking.com wies eine selbst festgelegte Überschreitung des Übernachtungsbudgets aus, dennoch wollte Heinz mal persönlich nachfragen. Ich persönlich wäre schön weiter gefahren, da auch Trivago keinen besseren Preis ausgab. Also ab zum versteckt gelegen Ramada Ressort und und mal nachgehakt, und siehe da, ein ganz anderer Preis als booking.com. Dinner, Frühstück, Pool, kostenlose Strandnutzung… Deal. Warum sich das rechnet, lest ihr im Tagestipp.

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Soviel Auswahl beim Abendessen waren wir ja gar nicht mehr gewohnt, aber bis auf eine große asiatische Reisegruppe und vereinzelte Gäste, war auch der grosse Speisesaal relativ leer. Auch vor den großen Ressorts macht der Touristeneinbruch also keinen Halt. Pappsatt gefressen ging es auf Zimmer, fernsehen, surfen, pennen.

Tagestipp: Bei Portalen wie Booking.com vergleichen aber lieber Hotel anmailen oder anrufen, statt sofort über das Portal zu buchen. Warum, das zeigt schon das Beispiel „Dana Tower Hotel“. Bei Booking.com kostete das Doppelzimmer inkl. Frühstück 18 JD plus 2 JD Tax. Für das Abendbuffet für zwei Personen haben wir nochmal 14 JD gezahlt. Insgesamt haben wir trotz Booking.com Deal des Tages 34 JD (44 EUR) gezahlt. Die Nachfrage an der Rezeption ergab: hier vor Ort hätte es 30 JD (39 EUR) gekostet, und zwar inklusive Tax, Dinner und Frühstück. Außerdem kann ein Transfer von Amman zum Hotel für 3 JD (4 EUR) organisiert werden, immerhin eine Entfernung von rund 200 Kilometern. Ähnlich im Ramada Resort am Toten Meer. Booking.com gab das Doppelzimmer mit 88 JD (114 EUR) für eine Nacht an. Persönlich vorbeigefahren haben wir nur 70 JD (91 EUR) bezahlt. Teuer denkt ihr? Nö, denn Dinner und Frühstück waren auch hier inklusive plus die Benutzung des Privatstrands. Denn abziehen können wir rund 14 JD (18 EUR) für das Abendessen, was anderswo noch hinzugekommen wäre, sowie die Nutzung des öffentlichen Strandes „Amman Beach“, der nämlich auch nochmal 30 JD (39 EUR) für zwei Personen kostet. Da es hier die zwingend notwendigen Duschen gibt, die man nach dem Bad im Toten Meer benötigt, muss man dies schon in Kauf nehmen. All das abgerechnet, hat uns die Unterkunft im Ramada Resort effektiv also nur 26 JD (34 EUR) gekostet. Das ist doch was.

Sonntag, 13.11.

Heute Nacht waren die Ohrenstöpsel ein Garant für ein wenig Schlaf. Entgegen der Eigenart meiner Freundin, Schnarchern mit voller Wucht ein Kissen ins Gesicht zu hauen, habe ich mich aufs Bettdecke zupfen beschränkt. Effektiver scheint allerdings die Vorgehensweise meiner Freundin zu sein. Nach dem Frühstück checkten wir aus, packten die Rucksäcke ins Auto und ließen uns dekadent vom Shuttle Bus die 500 Meter zum Strand fahren. Ein gewohntes Bild, von 40 Liegen waren nur zehn belegt.

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Wenn man schon mal in Jordanien ist, dann muss man auch mal im Toten Meer gebadet haben. Der Salzgehalt des Toten Meeres liegt bei bis zu 33 Prozent. Zum Vergleich: Der Salzgehalt des Mittelmeeres liegt bei durchschnittlich 3,8 Prozent. Man schwebt hier also im Wasser, sollte sich aber nicht vertun, ertrinken kann man auch im Toten Meer. Denn das salzige Wasser in größeren Mengen zu verschlucken hat schon zahlreiche Menschenleben gefordert. Wir tragen ab sofort das T-Shirt „I survived the Dead Sea“.

Nach einem Bad im Meer und dem Sonnenbaden verabschiedeten wir uns. Bye bye Ramada, wir hauen wieder ab.

Unser nächstes Ziel, die Hauptstadt Amman. Diesmal das moderne Stadtzentrum Jabal, mit vielen Bars und Restaurants. Das junge Mädel an der Touristen-Information war zwar keine große Hilfe auf der Suche nach einem günstigen Hotel, aber dafür ganz süß, sodass wir uns den auswendig gelernten Text über die historischen Sehenswürdigkeiten bis zum Schluss anhörten.

Da uns der Besuch im Touristenbüro nicht weiter brachte, wurde doch das Smartphone zur Hilfe genommen. Und siehe da, nur ein paar Meter weiter wurden wir fündig. Ein Doppelzimmer im Antika Hotel für wir für 42 JD (55 EUR) inklusive Frühstück. Das Zimmer war zweckmäßig eingerichtet, die Lobby und Aufenthaltsraum sind wie so häufig Wohnzimmer der Betreiberfamilie. Und so saßen wir auf der Couch in der Lobby, während die Familie ein paar Meter weiter „privat“ zum Essen zusammen kam.

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Plötzlich wurden wir „brüderlich“ von einem syrisch-orthodoxen Christen aus Deutschland begrüßt, der versucht die Familienzusammenführung hier vor Ort über die Deutsche Botschaft zu klären. Das Problem: die Familie hatte zwar einen Termin bei der Botschaft in Amman, man ließ sie aber nicht über die syrische Grenze nach Jordanien einreisen. Während der seit 20 Jahren in Bielefeld lebende Syrer den Islam verteufelte und immer wieder betonte, dass Christen ja zusammenhalten müsste und die Araber auch noch so fies waren die aramäische Sprache zu klauen, dachten wir uns unseren Teil. Ein weiterer Grund den Atheismus „zu predigen“. Wer sich in Jordanien als Atheist outet, stößt allerdings auf Unverständnis, zu irgendeiner Gottheit sollte man sich lieber bekennen.

Nach dem Gespräch brauchten wir eine Auszeit, diese fanden wir nach einem Spaziergang durch die Rainbow Street im Buffalo Wings Café, bei einem guten Salat und zwei oder drei Bierchen. Auch diese Nacht war kurz. Zum einen ist der Verkehr unheimlich laut, weil die Straße ein Mittelpunkt der örtlichen Tuning Szene zu seien scheint. Aufgemotzte Karossen, getunte Bikes, fahren die Straße rauf und runter. Sehen und gesehen werden ist hier angesagt. Zu dem riss mich gegen zwei Uhr eine lautstarke Schlägerei aus dem Schlaf. Baseballschläger scheinen als Grundausstattung und ohne Aufpreis zu jedem Auto zu gehören. Den Sieger dieser Nacht konnte ich nicht ausmachen.

Montag, 14.11.

Soviel vorweggenommen, es war ein aufregender Tag. Nach dem der Direktor des königlichen Automobilmuseums uns per E-Mail bestätigte, dass er heute morgen nochmal kurz Zeit für uns hatte, machte wir uns zu ihm auf den Weg. Man kannte uns ja bereits, so dass wir sofort Zugang in die erste Etage ins Vorzimmer bekamen. Die nette Sekretärin bot uns Getränke an und kurz darauf empfing uns Direkter Raja Gargour. Heinz wollte ein Erinnerungsfoto für seinen Bericht und für seine Story über die Gebrüder Aufermann.

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Kurzer Plausch, dann musste der Direktor wieder zum nächsten Termin. Heinz hatte vor ein paar Tagen von einer Anlaufstelle gehört, zu der Einheimische gehen können, wenn sie Unterstützung bei der medizinischen Versorgung brauchen – beispielsweise die Deckung vom Krankenhauskosten. Eine gesetzliche Krankenversicherung gibt es nämlich nicht. Das Ziel von Heinz: einfach mal dort sein Anliegen als Tourist vorbringen. Aha, dachte ich mir. Das wird was geben. Nach etwas Sucherei und Nachfrage bei Wachleuten vor dem königlichen Areal, hatten wir die Stelle gefunden. Mit unseren Pässen in der Hand versuchte Heinz den nicht englisch sprechenden Soldaten zu erklären, was er den jetzt hier wolle. Dreistigkeit siegt, wir wurden freundlich hinter den Taschenscanner gebeten und nahmen neben bewaffneten und uniformierten Personal Platz. Fünf Minuten später erschien ein Soldat, der sich mit dem Namen Hamza vorstellte und sich unser Anliegen erklären ließ. Er selbst war erst kürzlich mit dem Prinzen in Hannover gewesen, warum verriet er nicht, nur dass der Prinz häufiger nach Deutschland reist. Er war sehr bemüht uns zu helfen, übersetzte alles in arabisch und organisierte uns ein Treffen mit dem Chef der „Medical Health“ Behörde. 15 Minuten später saßen wir bei diesem im Büro, der selbst bereits einen Anruf der Chefin des Pressebüros erwartete. Am Telefon bat diese uns noch zu warten, weil sie einige Ausnahmegenehmigungen einholen musste, bevor weiter auf das Areal der königlichen Familie durften. Weitere zehn Minuten später wurden wir zu einem Minibus gebracht. Der Fahrer schleuste uns entlang der Parkanlage durch mehrere Kontrollen, bis wir nach Abgabe unserer Reisepässe eine Besucherkarte in den Händen hielten.

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Im Pressebüro wurden wir von Rusul Arabiyat, Press Officer at Hashemite Court, empfangen. Total nett. Eigentlich wollte sie uns mit dem Direktor des Automobilmuseums zusammenbringen. Als wir sagten, dass wir zu diesem schon Kontakt hätten, bat sie trotzdem darum, alle Unterlagen über die Brüder Aufermann per E-Mail zu bekommen. Sie wollte weitere Recherchen veranlassen. Außerdem wollte sie versuchen eine Genehmigung einzuholen, damit wir den Palast, den Regierungssitz auf dem Areal besuchen können. Ob das in diesen zwei Tagen bis zu unserer Abreise klappt, sie und wir waren skeptisch. Dennoch, dass wir überhaupt bis hier hin gekommen sind, war schon erstaunlich und auf Heinz Beharrlichkeit und vor allem den „Mut“ zurückzuführen, einfach mal ein paar Soldaten seine Geschichte und sein Anliegen unter die Nase zu reiben. Hut ab!

Nach diesem Behördenabenteuer entscheiden wir uns die nächsten Nächte wieder im Moab Land Hotel in Madaba abzusteigen, wir hatten keine Lust mehr auf Umzug, außerdem war das der Treffpunkt für die Abgabe des Mietwagens. Nach dem Checkin‘ gönnten wir uns noch eine Falafel von der unscheinbaren Bude in der Nähe und machten uns im Anschluss auf zum Restaurant Bikers Corner, unser Treffpunkt mit Wassan und Bashar. Heinz hatte die einer syrischen Familie abstammende junge Universitätsdozentin und den aus Jerusalem (betont Palästina) stammenden Ehemann auf seine Trip im Februar 2015 in Luxor getroffen, bei dem er mit einem Freund vier Wochen vom Sudan nach Deutschland mit dem Auto gefahren war. Die beiden leben im Amman, ein Großteil von Wassans Familie lebt aber schon lange in Braunschweig. Hier hat sie auch studiert und kann somit perfekt deutsch. Es war ein total netter Abend und die beiden konnten uns viel über Jordanien und die Kultur erzählen.

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Insbesondere alltägliche Fragen wurden erörtert: Wenn es in Jordanien jährliche TÜV-Untersuchungen gibt, warum fahren so viele schrottreife Fahrzeuge hier rum?  Warum wird der Müll, vor allem die Plastiktüten, die landesweit in Bäumen und Büschen hängen, nicht richtig entsorgt? Besonders interessant: In Amman gibt es Straßennamen bzw. -schilder noch nicht sehr lange und auch die Hausnummerierung ist noch nicht abgeschlossen, darum werdet ihr aktuell noch komplizierte Wegbeschreibungen erhalten, bevor euch jemand eine genaue Adresse nennt.

Die Rechnung für Getränke und Essen wurde heute von den Beiden übernommen. Eine kulturelle und religiöse Gepflogenheit und auch ein Grund für die tolle Gastfreundschaft in diesem Land. Sozusagen eine Prüfung: Kümmere dich um deinen Gast als Beweis für deine Wohltätigkeiten während deines Lebens auf der Erde.

Dienstag, 15.11.

Ohrenstöpsel und Musik auf den Ohren haben nicht mehr geholfen, mein Bettnachbar hat mit 85 Dezibel Höchstwert die 1. Etage des Moab Land Hotels beben lassen. Aus Spaß habe ich tatsächlich den Dezibelwert mit dem Smartphone aus 1,5 Meter Entfernung gemessen. Zum Vergleich, ein vorbeifahrender Lastwagen wird mit etwa 90 Dezibel angegeben. Mir war nicht klar, dass man so laut schnarchen kann. Entsprechend müde stieg ich nach dem morgendlichen Kaffee ans Steuer unseres Mietwagens.

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Unser erstes Ziel war der Zoo in Amman. Laut Aussage des Zoodirektors einer der Besten des Landes, und einer von zweien, soviel ich nachgelesen habe. Der Standard der Käfige entspricht denen in Deutschland vor rund 40 Jahren und innerhalb von 500 Metern Durchmesser, größer ist der Zoo nämlich nicht, reihen sich Käfig an Käfig. Da es keine staatliche Unterstützung gibt, handelt es sich gleichzeitig auch um einen kleinen Freizeitpark, vermutlich um mehr Gäste anzulocken. Das bedeutet aber auch, das lautstarke Musik dauerhaft das Gelände beschallt. Die Tiere sind allerdings schon abgestumpft, sodass ein als Bär verkleidetes Zoo-Maskottchen an den Gitterstäben vorbei rennt und Löwen und Tiger „ärgert“, um für die Kinder überhaupt noch eine Reaktion bei den Tieren hervorzurufen.

Das Wissen, dass mit Heinz ein ehemaliger Zoowärter aus Deutschland zu Besuch ist, rief den Direktor auf den Plan der uns empfing und uns gleich anbot, etwas näher an den Löwenkäfig zu gehen. Er selbst führte ins dann ohne Gitterstäbe vor, wie man die Tiere füttert.

Er ist stolz auf seinen Zoo, den er außerdem vergrößern und verbessern will. Hoffen wir es. Der Zoo, so sagt er, ist einer der wenigen, den es Kindergarten und Schülern ermöglicht sich überhaupt über die Tierwelt zu informieren. Über die Haltungsbedingungen und das pflegerische Können möchte ich mich nicht weiter äußern. Nur soviel, es wird offen ausgesprochen, dass man sich wissen durch das Schauen von Naturdokumentation irgendwie aneignet. Dennoch hier ein paar Eindrücke.

Im Anschluss an den Zoobesuch wollten wir heute zur Baptism Side, der Taufstelle von Jesus.  Es handelt sich um einen Wallfahrtsort direkt am Jordan, der Grenze zwischen Israel und Jordanien. Nach der rund 40 minütigen Fahrt erreichten wir den Ankunftsort. Leider ist es nicht möglich mit dem Mietwagen bis an das Grenzgebiet Jordan zu fahren, so dass man zwölf JD (15 EUR) pro Person bezahlen muss. Da wir uns durch das Abfüllen von Wasser aus der Mosesquelle vor einigen Tagen schon Gott näher als zuvor fühlten, schenkten wir uns diese Kosten und fuhren über eine tolle Strecke zum Mount Nebu und bogen rechts und links in die kleine Straßen ab, um noch einmal die karge Steinwüstenlandschaft einzusaugen. Den Abend ließen wir im Ayola Restaurant ausklingen und zogen Resümee aus den letzten Tagen, denn der Urlaub neigte sich dem Ende zu.

Mittwoch, 16.11., und Donnerstag, 17.11. 

Nach dem Frühstück wurde der Mietwagen ohne sichtbare weitere Mängel abgegeben. Ich glaube wir haben unseren Leih-Micra doch etwas gequält. Entgegen unserer Hoffnung nochmal zum Palast zu kommen, konnte dies leider nicht mehr ermöglicht werden. Den Tag in Madaba vertrödelt, ging es am nächsten Tag um sieben Uhr zum Flughafen. Unsere Reise war zu Ende!

Fazit:

Jordanien, ein Land mitten im Nahost-Konflikt und angrenzend zu Syrien, Irak, Libanon, Israel, Westjordanland, Palästina. Allerdings herrscht hier seit 30 Jahren Frieden und Jordanien hat neben Weltkulturerbe und Weltnaturerbe noch etwas ausschlaggebendes zu bieten: die große Gastfreundschaft. Ganz anders als in Ägypten habe ich bei meinem Aufenthalt keine aufdringlichen Belästigungen erfahren. Ganz im Gegenteil, wer hier „no thank you“ sagt wird mit einem „you’re welcome“ verabschiedet. Insgesamt 1602 Kilometer spulten wir mit unseren Mietwagen ab und konnten uns einen guten Eindruck vom Land verschaffen. Lasst euch vom Nah-Ost Konflikt nicht aufhalten, Jordanien ist „safe“ oder besser gesagt, es gibt derzeit keine andere Gefahr als in europäischen (Groß)Städten auch. Würde ich wieder hinreisen, na sicher! Nächstes mal aber mit dem eigenen Motorrad!

Hinweis: Die Umrechnungskurse beziehen sich natürlich auf den Stand der Reise zwischen dem 1.11. und dem 17.11.2016, 1 EUR im Durchschnitt 0,76 JD. Insgesamt habe ich für die 17-tägige Reise inklusive aller Übernachtungen, alle Eintritte, Benzin, Essen, Mietwagen und den Flugkosten rund 1.500 EUR ausgegeben.

Tipp: Holt euch vor eurer Reise den Jordan Pass (http://www.jordanpass.jo), in dem 70 JD (92 EUR) teuren Paket sind neben zahlreichen Eintritten zu Attraktionen bereits das Visum für 40 JD (53 EUR) und der Eintritt für einen Tag in der Felsenstadt Petra in Höhe von 50 JD (66 EUR) enthalten. Es lohnt sich!

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