Vorwort:
Gran Canaria, schon wieder. Zwei Jahre haben wir versucht in der Corona Zeit nach Sizilien zu kommen, aber es hat nicht sollen sein. Die dritte Flugumbuchung nach Las Palmas stand unter einem besseren Stern, zumindest was den eigentlichen Antritt der Reise anging. Am Anfang dieses Trips machte ich mir Gedanken über den Inhalt dieses Reiseberichts und stellte mir die Frage, ob dieser in Bezug auf die vorherigen Gran Canaria Berichte nicht langweilig ausfallen würde. Sagen wir mal so, dieser Bericht ist anders. Statt Sightseeing-Tipps gibt es mehr Anekdoten, Empfehlungen für Arztpraxen und einem Verleihservice von Fahrzeugen für Mobilitätseingeschränkte. Ok, einige Ausflugshinweise sind natürlich auch dabei. Aber ich nehme es vorweg: meine Frau und ich werden wohl zukünftig einen Urlaub pro Jahr getrennt und alleine antreten, dies wird die Chance eines gefahrlosen und erholsamen Urlaubs stark erhöhen.

Samstag, 12.03.
Der Wecker klingelte, es war 2.15 Uhr. Die Koffer standen bereits gepackt im Keller, sodass wir Zeit für eine Tasse Kaffee und eine „Wach-auf-Dusche“ hatten, bevor das Kind geweckt wurde und das Taxi uns abholte. Meine Schwiegereltern standen pünktlich um 3.15 Uhr vor der Haustür und nahmen den Taxifahrer in Empfang, der zu diesem Zeitpunkt noch meinte, die 5 Passagiere inkl. Gepäck, Handgepäck einschließlich Kindersitz und Buggy problemlos in den VW Sharan zu bekommen. Und das obwohl wir schon eine Person weniger waren, als bei der Reservierung ursprünglich angegeben. Dank der kompakten Körpergröße meine Schwiegermutter, die zusammen mit einem Großteil des Gepäcks auf den Notsitzen Platz fand, konnte die Gruppe ihre Fahrt zum Düsseldorfer Flughafen antreten. Um 4 Uhr stieß Familienfreundin Petra am Terminal A/B zu uns und gemeinsam ging es zum Check-in Schalter. Rund eine Stunde später saßen wir am Gate und warteten mit der überwiegend gut gelaunten Dreijährigen geduldig auf das Boarding.

Meine Frau steigt ohne die neuste Ausgabe eines „Lustigen Taschenbuchs“ aus Angst eines Absturzes nicht an Bord eines Flugzeugs und machte sich deshalb auf die Suche nach dem entsprechenden LTB Comic. Sie kehrte mit dem gewünschten Produkt zzgl. einer Kinderzeitschrift und zwei weiteren Büchern und mit den Worten „passen die bei dir noch rein“ zurück. Das Augendrehen meinerseits beruhte gleich auf mehreren Tatsachen. Ich hatte die neuste LTB Ausgabe bereits als digitale Version auf dem Tablet, wir hatten genug Kinderbücher von zuhause mitgenommen, der Kindle meiner Frau war ebenfalls mit genug E-Books gefüllt und nein, ich hatte keinen Platz mehr in meinem Handgepäck.

Auf drei Personen aufgeteilt, konnten diese und auch alle weiteren gekauften Dinge wie Wasserflaschen noch verstaut werden, bevor um ca. 6 Uhr das Boarding begann. Reihen 4 und 5 des Eurowings Fluges EW9542 DUS – LPA gehörten uns. Unsere Tochter hielt trotz der Unterbrechung ihres Schlafes noch bis rund 8:30 Uhr aus, bevor sie auf dem Schoß meiner Frau einschlief.

Sieben Readly Zeitschriften später und kurz vor der Einleitung des Sinkfluges erwachten Mutter und Tochter aus ihren Träumen. Unsere Tochter hatte bei Landung mit Schmerzen aufgrund des Druckausgleichs zu kämpfen, war aber schlagartig mit Aufsetzen der Räder auf kanarischen Boden geheilt. Zum Glück. Entsprechend freudig ging es zum Gepäckband. Nicht nur die Koffer waren innerhalb von ein paar Minuten da, auch unserer aufgegebenes Sondergepäck stand bereits parat.

Per Kleinbustransfer ging es nach Playa del Ingles. Dieses Jahr wollten wir kein Abenteuer auslassen und dies begann bereits damit, dass wir es gewagt hatten, die vertraute Bungalowanlage Holycan zu verlassen und uns etwa 200 Meter weiter schräg gegenüber im Andalucia Park im Bungalow Secret Garden einzuquartieren. Eine Umstellung. Während die Damen bereits ihren ersten Shopping-Ausflug in den benachbarten Spar-Markt frönten und Getränke und ein Eis für das Kind besorgten, warteten mein Schwiegervater und ich rund 1 /1/2 Stunden vor und in dem direkt angrenzenden Café auf die „Hausdame“ Loredana, die uns den Schlüssel brachte und uns in die Geheimnisse des Bungalows einwies.

Ihr kennt das. Das „schwache“ aber in der Familie das Sagen habende Geschlecht, verteilt im Vorfeld die Aufgaben zum Transport des Gepäcks, verwirft dann alles und bepackt sich selbst mit drei schweren Koffern, um möglichst mehrere Gänge zu vermeiden. Nach rund 20 Metern rutschte meiner Schwiegermutter der Kindersitz von der linken Schulter, knallte auf den Boden und zersplitterte in tausend Einzelstücke… ne, ein kleines hoffentlich nicht sicherheitsrelevantes Stück aus der Rücklehne war gebrochen und meine Schwiegermutter entsann sich ihrer ursprünglichen Gepäckbeförderungsstrategie. Vor unserem Bungalow ging es eine kurze aber steile Treppe hinunter, was meine Frau wiederum dazu bewegte, neben ihrem schweren Koffer noch gleich einen zweiten in die Hand zu nehmen. Vor ihr rutschte bereits Familienfreundin Petra auf ihrem Hosenboden die Treppe hinunter, bevor meine Frau mit dem schweren Gepäck von der Treppenstufe abrutschte, umknickte und sich den Knöchel verletzte. Laufen? Nur noch unter starken Schmerzen möglich. Loredana, unsere spanische Servicemitarbeiterin des Vermietungsunternehmens, beobachtete die Situation von Beginn an und war anfangs von den akrobatisch anmutenden Gepäcktransportkunststücken unserer weiblichen Reisgruppenmitglieder begeistert, fragte sich aber spätestens nach einem lautstarken „HERRJE“ meines Schwiegervaters und meinem „hoffentlich-hat-Anky-sich-nicht-ernsthaft-verletzt-Gesicht“ gepaart mit einem genervten Augenrollen, welche Familie sie sich da wohl ans Land gezogen hatte. Ob die Kautionshöhe für das Bungalow schon ausgehandelt war? War sie!

Nachdem das Gepäck abgestellt war und die Schlüssel in unseren Händen lagen, überbrückten wir ein weiteres Zeitfenster am Pool der Bungalowanlage. Währenddessen bemühte sich das Putz-Team die Spuren unserer Vormieter zu beseitigen, was nicht ganz gelang. Es war der größte Bungalow der Anlage und auch der Einzige mit einem Garten und einem Jacuzzi. Aber es hatte einen Makel. Es lag in der hintersten Reihe, zwar mit einem tollen Ausblick, sofern man sich die nach Gefängnis anmutenden Zäune wegdachte, aber mit einer ca. 160 Meter langen Steigung bis zur befahrenen Straße Avenue de Gran Canaria. Und diese Strecke musste spätestens jeden Abend angetreten werden, wenn wir zu einem Restaurant wollten.

Mit dem mittlerweile stark geschwollenen Knöchel und dem durch eine zusätzlich Erkältung geplagten Schwiegervater, der auch schon ohne diese Einschränkung durch seine Vorerkrankung bei Treppen und Steigungen so seine Problemchen hatte, verlängerte sich der rund 450 Meter weite Fußmarsch bis zu unserem heutigen Ziel von 5 Minuten auf rund 20 Minuten. Um ca. 18:30 Uhr erreichte auch das Invaliden-Duo unsere erste spanisch kulinarische Anlaufstelle dieses Urlaubs. Das Planet Bayern.

Schweinshaxe, Schnitzel, Pfannenmedallions, Pommes, Bier. Wir stießen auf den Urlaub an, einen den wir nach zwei Jahren endlich antreten konnten. Und darauf, dass es keine weiteren Zwischenfälle geben solle. Prost.

Sonntag, 13.03.
Klasse, direkt nach dem Aufstehen mit kurzer Hose und T-Shirt draußen sitzen. So gefiel mir das. Der Knöchel meiner Frau war über Nacht weiter geschwollen und ein Auftreten kaum mehr möglich. Schon während des Frühstücks überlegten wir zu einer Notfallpraxis zu fahren, meine Frau weigerte sich beharrlich und hatte zu diesem Zeitpunkt die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Kühlen und Knöchelwickel helfen würden und es morgen schon viel besser aussehen würde.

Wie immer hielt es mich nicht lange im Bungalow, sodass ich gegen Mittag mit unserer Tochter einen Spaziergang zum Strand machte. Auch wenn sie gut zu Fuß ist, für die rund 2,5 Kilometer bis zum Strand, nahm ich doch besser den Buggy mit.

Auf unserem Weg entdeckten wir auf halber Strecke das Euro Nordic Global Medical Service Center und ich beschloss, dass dies morgen zusammen mit meiner Frau besucht wird, um der Verletzung nachzugehen. Am Strand widmete sich Josefine ausgiebig damit, vor den Wellen zu flüchten und mit Sandspielzeug zu spielen, welches wir noch extra in einem der vielen Promenaden-Shops gekauft hatten. Ich weiß nicht. wie viele Hundert Meter meine Tochter durch den Sand gelaufen war, aber eigentlich hätte sie am selben Abend müde ins Bett fallen müssen.

Zurück im Bungalow sah ich in die traurigen Augen meiner Frau, die wie bestellt und nicht abgeholt auf dem Outdoorsofa lümmelte und mit Sicherheit seit Stunden TikTok-Pferde-Videos schaute. Während Josefine mit ihrem Opa Bahnen durch den Jacuzzi zog, recherchierte ich nach elektrischen Rollstühlen und kam prompt auf die Seite des Unternehmens Servicios Globales. Super, gegen Aufpreis auch Sonntagslieferservice und eine Kontaktaufnahme per Whats App möglich und dazu noch eine Filiale in unmittelbarer Nähe.

Nur ein paar Minuten nach meiner Whats App Nachricht bekam ich eine Antwort, mietete einen Elektro-Scooter Model „XL-Grande“ und vereinbarte eine Lieferung für 17 Uhr. Meine Frau hielt das Ganze immer noch für einen Scherz, wunderte sich aber um kurz vor fünf, warum ich den Bungalow verließ. Am Eingang der Parkanlage erwartete mich ein freundlicher Mitarbeiter der Firma, der gerade den Elektro-Scooter auslud, mir inklusive einer Aufladestation überreichte und mich kurz in alle Funktionen einwies. Ich hatte das große Modell mit inkl. 170 KG Zuladung gewählt, weil ich mich in romantischen Gedanken bereits auf dem Schoß meiner Ehefrau sitzen saß, während wir mit Höchstgeschwindigkeit von 13 Km\h bei Abendsonne über die Bürgersteige flitzten und uns der Wind durch die Haar wehte.

Was ich nicht bedacht hatte, dass das Modell etwas breiter sein könnte als das enge Tor zur Bungalowanlage, geschweige den Breiter als die Seitentür vom Zugang zu unserer Terrasse. Nachdem der erste Durchgangscheck unter Beobachtung des Mitarbeiters erfolgreich gemeistert und die Kreditkarte vom Zahlungsgerät akzeptiert wurde, düste ich die engen Wege zurück zum Bungalow, der mit einem Umweg am Pool auch so gut wie barrierefrei erreichbar war. So gut wie… naja, die hohen Gehwegkannten und rechtwinklige Gehwegführung, setzten ein gutes Augenmaß bei Geschwindigkeit und Lenkradeinschlag voraus. Aber hey, wenn meine Frau eins hat, dann…

Anky und der Rest der Familie konnten kaum glauben, was ich da wieder „angeschleppt“ hatte und mein immer noch nach Luft japsender – ihr wisst, die Erkältung – Schwiegervater drehte sich mit den Worten um: „Auf so ein Teil für alte Leute steige ich nie auf“. Ich hatte mit „Hausdame“ Loredana die Handynummern getauscht und schrieb ihr kurz eine Whats App mit der Bitte, uns einen Schlüssel für den Seiteneingang zu geben, damit wir das Gefährt sicher unterstellen und über Nacht aufladen konnten. 20 Kilometer Reichweite sollten schließlich sichergestellt werden. Prompte Antwort: der Schlüssel würde am nächsten Tag gebracht werden.

Bei einer ersten Probefahrt bei Tageslicht und optimalen Sichtverhältnissen bewies meine Frau fahrerisches Geschick selbst bei 8-prozentiger Steigung, sodass ich mich sicher wägte, meine noch nicht hinterlegte Kaution am Ende des Urlaubs wiederzubekommen.

Gegessen wurde heute zuhause. Ute versorgte uns mit Schnitzeln in Pilz-Sahnesauce, Reis und Nudeln. Un et hät geschmeckt.

Montag, 14.03.
Grrrr. Statt ordentlichem Frühstück saß meine Tochter schon morgens mit einem Schoko-Donut auf der Terrasse, was meiner Vorstellung eines gesunden Frühstücks widerspricht, nicht aber er der meiner Frau. Zugegeben, es bahnten sich erste Anzeichen einer Erkrankung bei meiner Tochter an, die alles andere an diesem Morgen verweigert hatte und der Donut somit für die nächsten Tage auch das letzte Essen darstellte. Von da an ernährte sie sich bis auf weiteres von Wasser.

Während meine Frau und ich mit dem Taxi zur Arztpraxis fuhren, passte der Rest der Familienbande auf Josefine auf. Nachdem die persönlichen Daten der Patientin erfasst waren, machte ich mich zu Fuß zur nahegelegenen Mietstation „Orlando“, um den Mietwagen abzuholen. Wie auch mir schon einmal passiert, ging es auch zwei vor mir anstehenden Kunden. Statt den Mietwagen online mit einer Kreditkarte mit echten Kreditrahmen zu buchen, wurden Debitkarten verwendet, über die die Kaution nicht hinterlegt werden kann. Die Diskussion der Kunden mit dem Mitarbeiter führte nicht nur zu einer Verlängerung meiner Wartezeit, sondern auch zu zusätzlichen Kosten für die beiden Pärchen. Hätten sie mal meinen Reisebericht von 2017 gelesen.

Einen Check des Mietwagens auf Schäden durch einen Mitarbeiter habe ich wie auch heute hier auf der Insel gar nicht oder nur lapidar gesehen. Und auch diesmal bekam ich die Schlüssel mit dem Hinweis ausgegeben, mir auffallende Schäden selbst zu dokumentieren. Gesagt getan. 13 Fotos dokumentieren nun kleine Macken und auch etwas größere Dellen im Karosseriebereich. Mit Übernahme des Mietwagens war auch die Behandlung von Anky abgeschlossen, die bereits vor der Praxis auf mich wartete und mich mit Rezepten in der Hand winkend zu sich lotste. Darunter die Verschreibung von Krücken, die wir für 19 EUR, ein Spottpreis, in der Apotheke erhielten. Gleich nebenan lag das Restaurant Shorty’s Taperia, in dem ich für den gleichen Abend noch einen Tisch für sechs Personen reservierte, bevor es zurück zum Bungalow ging, zu dem außerhalb der Anlage glücklicherweise auch ein Stellplatz gehörte.

Meine Frau stieg vom Mietwagen auf dem am Eingang der Bungalowanlage geparkten E-Scooter um und platzierte ihre Krücken irgendwo zwischen Lenker und Gesicht. Als Ehemann habe ich auf solche Leichtsinnigkeit zu achten, hatte ich diesmal aber nicht. Deshalb gebe ich mir eine Teilschuld dafür, dass meine Frau beim Abrutschen ihrer Finger vom Gashebel und der damit verbundenen Bremswirkung des Elektromotors mit dem Kinn auf ihre Unterarmstützen schlug. Mir entglitt ein lautstarkes „HERRJE“ und ein Augenrollen und mir wurde in diesem Moment die Ähnlichkeit zu meinem Schwiegervater bewusst.

Josefine schien wieder besser drauf zu sein, sodass wir bei molligen 38 Grad Wassertemperatur im Jacuzzi planschten. Die kurze Schwimmeinheit war für Josefine doch zu viel und gegen Mittag schliefen Mutter und Tochter zusammen auf der Couch ein. Für Ute, Petra und mich Zeit, mit dem Mietwagen zu LIDL zu fahren, um einen Großeinkauf zu starten. Der kleine Bruder unseres Mietwagens, der E-Scooter, war nicht nur unheimlich praktisch für unsere körperlich eingeschränkten Familienmitglieder, sondern dank seiner enormen Zuladungsmöglichkeiten auch als Transportesel für die Einkäufe geeignet, die schließlich vom Mietwagenparkplatz auch noch zum Bungalow mussten.

Nach einer kleinen Pause machten sich Ute und Petra auf dem Weg „zum Chinesen“. Mit „dem Chinesen“ ist in diesem Fall ein von Asiaten geführter „wir-haben-alles“-Shop in der Nähe des kleinen Einkaufszentrums Gran Chapperral gemeint. Ich folgte den beiden ein paar Minuten später und holte sie schnell ein. Schließlich saß ich auf dem E-Scooter. Mein Weg führte mich zum Kölschen-Eck, unsere Fußballstammkneipe auf Gran Canaria, die leider und aus uns nicht bekannten Gründen geschlossen hat. Laut Besitzer Rudi soll sie bald wiedereröffnen.

Nach meiner Rückkehr ging es Josefine nicht gut und so machte ich mich zu Fuß wieder auf dem Weg zur nächstgelegenen Apotheke, um so etwas wie Paracetamol Zäpfchen zu bekommen. Englisch verstand die Mitarbeiterin kaum, meine pantomimischen Bewegungen lösten bei ihr ein Lächeln und einen Gedankenblitz aus, so dass ich stolz mit einer Packung „Rovi Zäpfchen“ nach Hause kam, die natürlich nicht gegen Schmerzen, sondern gegen Verstopfung helfen. Mist. Und nochmal los. Eine andere Apotheke, eine Mitarbeiterin mit der mich auf Englisch unterhalten konnte und somit auch die richtigen Zäpfchen erhielt.

Anky und Josefine blieben heute zuhause. Wir anderen vier machten uns auf dem Weg zu Shorty’s Taperia. Aber was war das, schon den Tag über erkannten wir leichte Veränderungen des Familienältesten in Bezug auf seine Einstellung zu E-Scootern. Und siehe da, solange er damit draußen nicht gesehen wurde, könnte man ja doch innerhalb der Anlage das Ding nutzen, um den gehassten Aufstieg zu überwinden. Von da an, hatte meine Frau Probleme den E-Scooter für sich zu nutzen. Völlig entspannt erreichte mein Schwiegervater die Hauptstraße und stieg gutgelaunt ins Taxi ein. Denn während seiner Fahrt durch die Anlage folgten ihm mit Sicherheit neidische Blicke der meist älteren Bungalownachbarn, von denen einige in ihrer Mobilität aus unterschiedlichen Ursachen ebenfalls eingeschränkt waren. Ich kann mir gut vorstellen, wie er winkend wie Queen Elizabeth II. an den auf ihrer Terrasse „gefangenen“ Urlaubsnachbarn vorbeifuhr.

Das Ambiente des Restaurants ist klasse und gefällt mir gut. Und auch wenn die Preise im Vergleich zu anderen mittelklassigen spanischen Restaurants etwas teurer sind, so lohnt es sich. Das Essen war rundum gut und so sollte unser heute erster Besuch nicht der letzte bleiben.

Dienstag, 15.03.
Was für eine Nacht. Josefine ging es gar nicht gut. Sie hatte Schmerzen, konnte kaum schlafen und hatte geweint. Es war eine unruhige Nacht für uns alle. In einer kurzen ruhigen Phase meiner Tochter, es muss so gegen 4 Uhr gewesen sein, schlief auch ich ein… und fing an zu schnarchen. 4:03 Uhr. Mein Schlaf war zu Ende. Josefine schlief weiterhin, aber meine Frau schlug mir frustriert ihre Faust in den Rücken, weil ihr mein Schnarchen natürlich den letzten Nerv raubte. Während ich also die nächsten Stunden damit verbrachte die Augen auf zu halten und Zeitschriften las, schlummerten Tochter und Frau bis ca. 8 Uhr und zogen dann auf die Couch ins Wohnzimmer um. Meine Chance. Ganze zwei Stunden konnte ich friedlich vor mich hin schnarchen. Um 10 Uhr schlurfte ich zum Frühstückstisch, stolperte beinahe über den Kotzeimer neben der Couch und nörgelte müde bei einem Kaffee über die unruhige Nacht. Interessant, ich schien in ein Wespennest gestochen zu haben. Das Wort „unruhig“ ließ meine Schwiegermutter so richtig in Fahrt kommen. Der leidtragende, ihr Mann. Der hatte nämlich nach der Flasche Wein am Vorabend gemeint er müsste noch die Festbeleuchtung im Schlafzimmer an machen, um sich den Schlafanzug anzuziehen und in den Schränken rumzuwühlen. Nach zwei Minuten Schimpftirade und einen kleinen Mann mit Hut vor mir am Frühstückstisch, kam mir meine Nacht geradezu entspannt vor.

Fünf von sechs Personen lümmelten aus verschiedensten Gründen auf der Couch, der Gartenliege oder dem Gartensofa. Langweile, Entspannung, Krankheit. Im Moment konnte ich für das Wohl keines Einzigen irgendetwas tun, dafür aber für mich selbst. Deshalb schnappte ich mir meinen Rucksack und meine Kopfhörer und wanderte durch die Dünen Maspalomas zum Leuchtturm. Es war herrliches Wetter, als mich ein Foto meiner Frau erreichte und mich überkam das schlechte Gewissen.

Ich genoss die Sonne und das Wandern, während Frau und Kind krank im Bett lagen. Um mein Gewissen zu beruhigen wollte ich aus der Apotheke  wohltuende Medikamente mitbringen, landete aber wie magisch angezogen in der Strandapotheke, die weiß Gott nichts mit dem kanarischen Gesundheitssystem zu tun hat… auch wenn es dort Medikamente gibt, die in der aktuellen Situation eher für mich, als für meine Liebsten bestimmt waren.

Was soll’s, wenn man schon mal da ist, kann man in der „Strandapotheke“ auch noch ein Bier trinken und nebenan gleich noch was Essen.

Um 15 Uhr hielt das Taxi vor unsere Bungalowanlage und ich kam gerade zum richtigen Zeitpunkt, um dass vollgespuckte Lieblingskissen unserer Tochter auszuwaschen und trockenzuföhnen, um nicht noch eine mentale Störung in dieser Nacht herbeizurufen.

Es war Mädelsabend, das hieß, zwei Damen zogen zu Fuß und eine per E-Scooter los, um im chinesischen Restaurant Essen zu gehen. Mein Schwiegervater und ich blieben im Bungalow und kümmerten uns um das kranke Kind, die weiterhin jedes Essen verwehrte. Pfannkuchen und Toast mit Leberwurst wurden ausgeschlagen und sogar das Eis verweigert. Es musste was Ernstes sein. Erstmals klagt Josefine über Halsschmerzen. Der Corona Schnelltest blieb allerdings negativ.

Mittwoch, 16.03.
An Schlaf war weiterhin nicht zu denken. Das Kind musste sich in der Nacht übergeben und klagte weinerlich über Bauch- und Halsschmerzen. Doch die Paracetamol Zäpfchen vom Vorabend hatten dazu geführt, dass ihr Körper sich nicht mehr so glühend heiß anfühlte. Doch am Morgen hatte ich eher das Gefühl, es ginge ihr noch schlechter. Um 10:30 Uhr packten wir das apathisch abwesende Kind auf den Kindersitz und fuhren zum Arzt, einem Orthopäden bei dem Anky sowieso einen Termin hatte und der sich – wie sich zwei Wochen später herausstellte – einen Bruch trotz Röntgen nicht als Bruch erkannte und ihr sogar die leichte Belastung des Fußes empfahl.

Mit unserer Tochter sollten wir weiter zu Kinderklinik nach St. Augustin fahren, aber der wirklich nette Arzt ließ uns durch seine Helferin übersetzen, dass er sich Josefine doch einmal anschauen würde, um uns den Weg zur Klinik möglichst zu ersparen. Der Arzt sprach mit unserer Tochter spanisch und sie machte geduldig was er verlangte. Ich wunderte mich nicht nur über das Wohlwollen, sondern auch über das Sprachtalent unserer dreijährigen Tochter, denn ich hatte kein Wort der ärztlichen Anweisungen verstanden. Und siehe da, die Diagnose war nicht nur eindeutig, sondern auch noch richtig. Eine Mandelentzündung. Mit dem verschriebenen Antibiotikum sollte es ihr in drei bis vier Tagen wieder deutlich besser gehen. Die Chancen auf eine normale zweite Urlaubswoche waren soeben gestiegen.

Vor unseren Mitreisenden prahlten Petra und ich noch damit, dass wir beide heute entgegen des sich eingeschlichenen Faulenzertums – die fürsorglichen Tätigkeiten meiner Schwiegermutter einmal ausgenommen – eine Wanderung zum Faro de Maspalomas machen wollten. Kaum aus dem Haus, saßen wir in einem Taxi. Es musste ja keiner wissen. Die Gemütlichkeit siegte weiter und so stolperten wir vom Taxistand auch in den erstbesten Beachclub namens „El Senador„. Tolle Location, aber der Service war schlecht. Zig Kellner liefen trotz offensichtlichen Blickes auf unsere leeren Gläser an uns vorbei, nahmen aber keine weitere Bestellung mehr auf.

Wir beobachten noch die allseits bekannte artistische Show der durchtrainierten Beachboys und machten uns dann auf zur richtigen Apotheke, um wirksame Heilmittel einzukaufen und uns im Anschluss wieder ins Taxi zu setzen und zu unserem Urlaubsdomizil zurückzukehren.

Täglich ab 17 Uhr kam Leben in die sonst so verwaiste Bude. Personen erhoben sich von Liegen und Stühlen, gingen Duschen, machten sich ausgehfertig. Die Vorbereitungsphase des allabendlichen Restaurantbesuchs wurde eingeläutet.

Seine Augen leuchteten, die Gashand zuckte. Denn Anky blieb heute mit Josefine zu Hause, sodass unser elektrifizierter Stuhl frei war. Sichtlich entspannt begann Opa Rudi sich auf seinen Ausflug vorzubereiten. Schließlich hatte er es nicht mehr eilig. Selbst wenn er 10 Minuten später als alle anderen losrollte, würde er mit den 13 Km/h Spitzengeschwindigkeit je nach Entfernung zum Restaurant locker am laufenden Fußvolk vorbeizischen. Und so kam er (auch) heute als Erstes im Restaurant La Gustera an.

Was wurde ich vor zwei Tagen noch belächelt, auf diese bekloppte Idee zu kommen, einen Elektro-Scooter für mobilitätseingeschränkte Personen zu mieten. Seither erfreut sich das Teil aber enormer Beliebtheit. Und der, ich nenne keine Namen, der noch vor zwei Tagen eine totale Verweigerungshaltung zur Nutzung des Gefährts einnahm, düste plötzlich freudestrahlend an uns vorbei. Noch im Vorbeidüsen wehten uns die vom Wind zugetragenen Worte „wie teuer ist so ein Ding überhaupt“ ins Ohr und spätestens jetzt war klar, dass so ein Scooter vielleicht auch was für zuhause sein könnte.

Das La Gustera gehört zu meinen Lieblingsrestaurants. Nettes Personal, gutes Essen, Sonderwünsche werden fast immer erfüllt. Und so ließen wir den Abend bei dem ein oder anderen Bier und Wein ausklingen. Über eine Promillegrenze für E-Scooter habe ich ehrlich gesagt nichts gelesen, zugegebenermaßen auch nicht aktiv nach recherchiert. Also volle Fahrt voraus, Chef!

Zurück im Bungalow wurde bei der spätabendlichen Trinktherapierunde beschlossen, dass das für Anky bis ursprünglich kommenden Montag gemietete Gefährt, nun bis zum Ende des Urlaubs weiter angemietet werden soll. Parallel hierzu wurden verschiedenste Spezifikationen einen Kaufmodells nach Rückkehr in die Heimat recherchiert. Im Gegensatz zum aktuellen Leihmodell sollte die Höchstgeschwindigkeit bei 25 km/h liegen, statt Blei-Gel-Batterie sollte ein Lithium-Ionen-Akku verbaut sein und statt 20 km Reichweite sollten bis zu satte 50 Kilometer Reichweite drin sein. OK, diese Daten standen genauso wie das dann benötigte große Auto zum Transport des Elektro-Scooters eher auf meiner persönlichen Wunschliste.

Donnerstag, 17.03.
Kleine Besserung in Sicht. Das Kind wirkt weniger apathisch und redet wieder, verweigerte aber weiterhin jede Nahrung. Dabei hatte Ute extra Spiegeleier und Rührei zum Frühstück aufgetischt.

Da nach dem Frühstück alle wie üblich im Bungalow verweilten und ich auch nicht gebraucht wurde, startete ich meinen Ausflug mit dem Mietwagen. Mein Weg führte mich über die Autobahn Richtung Flughafen. Das Ziel war der Playa de Aguadulce, eine kleine Bucht mit Sandstrand, an dem allerdings kein einziger Badegast zu sehen war. Zu frisch, zu windig.

Auf dem oberhalb gelegenen Parkplatz tummelten sich kleine Busse und Camper, an denen sich Taucher für ihren am gegenüberliegenden und unterhalb eines kleinen Dorfes gelegene Strand Playa de Tufia vorbereiteten. Obwohl es bekanntere Tauchspots gibt, soll dies einer der schönsten auf der Insel sein.

Knapp 10 Kilometer weiter liegt El Bufadeor (Wasserloch), an dem man bei den sog. „Blowholes“ sich ein Naturschauspiel anschauen kann. Mit den Wellen bahnt sich das Wasser in eins der Felslöcher und durch einen Unterdruck entsteht eine Wasserfontäne. Mich erwarteten keine spektakulären Fontänen, da der höchste Flutstand bereits vorbei war und es nur selten zum „Fauchen“ in den Felslöchern kam.

Direkt an der Küste gelegen befindet sich ein künstlerisch gestaltetes Haus. Während meines Aufenthalts kehrte ein älterer braungebrannter Mann dorthin zurück, ob er allerdings dort lebt oder dies nur als Angelplatz oder sonstiges nutzt, konnte ich nicht rausfinden.

Nur zwei Kilometer weiter liegt Cueva de la reina Mora in Garita, einem Ortsteil von Telde. Über die schroffen Felsen erreicht man eine Höhle, die nicht sehr bekannt und wenig bis gar nicht besucht ist. Der Abstieg ist auf den nassen Felsen recht abenteuerlich und die Höhle nur bei Ebbe zu erreichen. Der Tiefstand des Wassers war noch nicht erreicht, so dass mir der Abstieg in die Höhle der tausend Farben nicht gelang. Da ich euch keine Bilder mitbringen konnte, hier ein paar Eindrücke von Reisebloggerin Jennifer Alka aus dem Jahr 2021.

Übrigens auch ein Ort, an dem man an dem Wendekreis und gleichzeitig genutzten Parkplatz auch einen guten Stopp über Nacht mit einem Camper einlegen kann.

Über die Autobahn ging es zurück in die Guayadeque Schlucht. Die höchsten Berge der Schlucht mit 1200 Meter verdeutlichen die Ausmaße der Klippen und die Fahrt durch die grüne Natur ist toll.

Immer wieder legte ich Stopps ein, erklomm die Wanderwege am Hang und suchte mir etwas höhere Plätze, um eine bessere Aussicht über die Schlucht zu haben.

Mein Weg führte mich letztendlich auf den Parkplatz des Höhlenrestaurants „Tangoror“ am Berg „Montana Las Tierras“ am Ende der Schlucht. Vom Restaurant aus erreicht man über einen schmalen Wanderweg auch die Casa Cueva Canaria, ein kleinen Souvenirshop, gelegen in einer der Höhlen, in dem Kunsthandwerk, Schmuck, Bilder oder ähnliches zu kaufen gibt. Die Höhlen, die früher als einfache Behausungen, Wohnungen aber auch Grabstätten genutzt wurden und archäologisch interessant sind, werden heute teilweise als Ferienwohnungen vermietet. Wer also einmal in einer modernisierten Höhle schlafen möchte, kann das hier tun.

Zurück aus der Schlucht führte mich mein Weg über die Bergstraße GC-65 nach Santa de Lucia de Tiranja. In dem kleinen Dorf besuchte ich die kleine und 1898 erbaute Kirche „Iglesia de Canarias“, um wie immer eine Kerze für unsere Tochter Anastasia anzuzünden. Von dem in 800 Meter hohen gelegenen Ortskern hat man einen tollen Blick über die südöstliche Küste und von hier aus erreicht man über Wanderwege auch den Gipfel des Pico de las Nieves.

Kurioserweise erstreckt sich das Gemeindegebiet vom Ortskern bis zur Küste nach Pozo Izquierdo, dem Surferstand, an dem ich bei meinem ersten Inselbesuch 2017 eine Nacht verbrachte. In dem einfachen Restaurant La Caldera De Tirajana machte ich Pause und habe erst einmal bei toller Aussicht etwas getrunken und gegessen. Das kurvenreiche Fahren über die Bergstraßen kam mir anstrengender vor als in den Vorjahren und so beschloss ich die Runde mit der Rückkehr nach Playa del Ingeles abzuschließen.

Erst am späten Abend verließen wir den Bungalow wieder, um erneut im nahegelegenen Planet Bayern zu Essen, zu welcher Überraschung mein Abendessen bereits durch die Vorbestellung von Spare Ribs durch meine Schwiegermutter am frühen Mittag festgelegt wurde. Eine gute Wahl. Meine Frau blieb erneut mit Josefine zuhause, sodass mein Schwiegervater mit „seinem“ E-Scooter bis 20 Meter vor das Restaurant fuhr, dann ausstieg und das Gefährt heimlich vor den Blicken der anderen Gäste parkte und wie ein junger Athlet ins Restaurant einschwebte.

Nach dem Essen und ein paar Bier oder Wein oder beides später, begannen die politischen Diskussionen mit der Frage, ob wir mit Blick auf die atomare Gefahr durch Russland nicht lieber gleich auf der Insel bleiben sollten. Mein Schwiegervater und Kernreaktorkenner plädierte mit Blick auf die Reichweite atomar bestückter Raketen unter Berechnung der globalen Windsysteme für Neuseeland oder Australien, korrigierte sich aber mit Blick auf die dort vorhandenen giftigen Tierarten und einer doch wahrscheinlich hohen Sterbewahrscheinlichkeit durch einen Biss oder Stich. Ich weiß nicht mehr genau, ob es die Aussage meine Schwiegermutter war, dass seine Wahrscheinlichkeit an einem giftigen Tierbiss oder -stich zu sterben eher unwahrscheinlich ist, weil das Tier schließlich in seinen Lebensraum „Couch oder Sessel“ eindringen müsste, welche die Diskussion zwischen den beiden eskalieren ließ, aber Petra und ich genossen das Schauspiel und die fragenden Blicke von den Nachbartischen sichtlich.

Was sich liebt das neckt sich. Nach dem offenen Schlagabtausch hätte das Ende nicht intimer ausfallen können.

Freitag, 18.03.
Die Medikamente wirkten und Josefines Gesundheitszustand hatte sich stark verbessert. Noch zwei Portionen Antibiotika und dann sollte es geschafft sein. Da das Kind bis auf einen Löffel Spaghetti seit Montagabend nichts mehr gegessen hatte, rutschten bereits die Hosen von der Hüfte. Meine Frau feierte die Verbesserung des Gesundheitszustandes mit einem kleinen Tänzchen durch das Wohnzimmer, vergaß aber die vom Arzt verschriebenen Schiene zu tragen, sodass Ärger mit ihren Eltern vorprogrammiert war… lautstark… im Kanon.

Das Kind wurde heute vor meinem Exkursionsdrang noch verschont, sodass Anky und ich es alleine dank E-Scooter und Taxi es bis zur Promenade nach Playa del Ingles schafften und bereits um 12:30 Uhr im „Blauen Engel“ einkehrten, das Treiben beobachten und erst am Nachmittag zurückkehrten.

Am Abend war die Stimmung des Kindes vor dem Fernseher, dann so gut, dass Pizza und Schokolade verfüttert wurden, und das sogar nach meiner Süßigkeiten-Erlaubnis-Uhrzeit, die nach 17 Uhr sowas eigentlich nicht mehr zulässt. Aber nach den letzten Tagen ohne Essen, war das heute auch egal.

Und während der Familienfrieden im Bungalow eingekehrt war, schlenderte ich in der Dunkelheit noch etwas durch die Bungalowanlage und beobachte fremde Nachbarn durch ihre Fensterscheiben beim Kartenspielen, Fußball schauen oder schlafend in ihrem Sessel. Es schien überall gerade recht friedlich zu sein… zumindest, wenn man im Urlaub ist und abschalten kann.

Abschalten, dass geht übrigens auch immer beim Guten-Nacht-Geschichte vorlesen. „Das große Buch vom Mutigsein“ kann ich übrigens sehr empfehlen.

Samstag, 19.03.
Bevor ich mich aus dem Bett schälte, schallte schon Opas wundervolle Gesangstimme durch den Flur. „Ei ei ei die Polizei…“! Hatte Rudi etwa schon am frühen Morgen genascht? Mein Not-Underberg auf dem Nachttisch für plötzliche Schluckbeschwerden bei einer aufkommenden Mandelentzündung war zumindest weiterhin unangebrochen.

Nach der morgendlichen Spielzeit im Garten hatte Opa Rudi einfach einen Ohrwurm und sang am Frühstückstisch fröhlich vor sich hin. „Josefine, hast du dir die Zähne geputzt“, fragte meine Frau unsere Tochter dreimal, nachdem diese kurz verschwand und zum Spielen wieder in den Garten wollte. „Ja, Mama“ war die ernste Antwort auf die Anky wiederum mit der Gegenfrage „soll ich Papa fragen?“ konterte. Blick nach unten, leicht gerötetes Gesicht, wachsende Nase, O-Ton: „Nein Mama, ich habe gelügt“.

Nach dem Zähneputzen ging es für alle Mädels des Hauses zur Shopping Tour ins Jumbo Einkaufszentrum. Zwei zu Fuß, zwei auf Rollen.

Während Anky und Josefine nach ihrer Shopping-Tour in den eiskalten Pool gingen, tauchte ich lediglich meine Zehenspitzen ins Meer auf meinem Strandspaziergang nach Maspalomas. Aber wo waren die ganzen Strandkioske (Chiringuitos) hin, die sonst von hunderten Touristen am Tag besucht wurden und noch 2019 rund 2 Millionen Euro erwirtschaften. Pleite! Die kurzfristigen Corona-Kredite reichten nur ein halbes Jahr, um die laufenden Betriebskosten bei weiterhin einbrechenden Touristenzahlen zu überbrücken, sodass viele Betreiber aufgeben mussten. Außerdem warten einige Betreiber auf Vertragsverlängerungen und Konzessionen und bis das nicht geregelt ist, bleibt erst einmal alles geschlossen. Doch an manchen Stellen standen bereits neu installierte Strandkioske, offen war allerdings noch keiner.

Doch seit Februar dieses Jahres sind nach rund zwei Jahren auch die Sonnenschirme und Strandliegen zurück am Strand. Man kann also davon ausgehen, dass auch die Kioske bald wieder öffnen. Nach meiner Fitnesseinheit nahm ich das Taxi am Nachmittag zurück nach Playa del Ingles, als dann auch die Wolkendecke aufbrach und die Sonne ihr Gesicht zeigte.

Bei meiner Ankunft sah ich das gleiche Bild im Garten unseres Bungalows wie jeden Tag um diese Uhrzeit. Vier Personen lümmelten auf der Liege oder Couch rum, eine machte den Alleinunterhalter. Aber ich hatte Verständnis. Nicht nur die glutheißen 20 Grad konnten den Körper in den Hitzeschlaf versetzen, auch der Dauerredefluss meiner Tochter sowie ihre durch die Krankheit aufgestaute Power erforderten stundenlange Zuhörerqualitäten und Aufmerksamkeit. Insofern hätte ich sie vielleicht eher auf meine kilometerlange Tour durch den Sand mitnehmen müssen.

Doppeltgemoppelt hält besser und rollt bergab auch viel schneller. Wir waren am Abend auf dem Weg ins chinesische Restaurant und wärmten uns nach Ankunft unserer Bestellung an den heißen Pfannen auf, denn auch heute Abend war es wieder recht schattig geworden.

In der Nachbarkneipe fand eine große Feier zum traditionellen Karneval (Vagueta; das weiße Fest) statt und zahlreiche Besucher in weißen Leinenklamotten und Panama-Hut machten sich auf dem Weg dahin, tanzten und feierten.

Sonntag, 20.03.
Kleine Finger kniffen mich in den Zeh! „Papa, es ist schon morgen!“. Es war 4 Uhr. Meine Tochter folgt meiner Bitte wieder einzuschlafen. Bis 6 Uhr. Ab da wälzte sie sich rund eine Stunde mit ihren Büchern und einem Teil ihres Spielzeugs im Elternbett rum, bevor sie dann doch von 7 bis 10 Uhr einschlief.

Oma Ute nahm sich heute frei und überlies den Rest der Familie ihrem Schicksal. Nicht nur das Frühstück muss selbst besorgt werden, auch alle sonstigen Dienstleistungen gegenüber uns wurden eingestellt. Eine Ausnahme bildete ihre Enkelin, diese wird weiterhin kulinarisch versorgt und durfte Omas Dienste in Anspruch nehmen. Dass wir auch ohne die Fürsorge unsere Schwiegermutter lange überleben würden, war schon beim Frühstück nicht mehr sicher. Denn nach meinem Biss in das Brötchen, schmeckte der Schluck Kaffee danach irgendwie komisch. Ein Nachgeschmack wie… ja wie eigentlich. Die Lösung war nach kurzer Zeit gefunden. Die von Petra gekauften und von keinem von uns favorisierte Brötchensorte mit Kümmel, hatte zu dieser Geschmacksirritation geführt.

Meiner Schwiegermutter fiel es sichtlich schwer, nicht doch noch zum Bäcker zu rennen und die richtigen Brötchen zu kaufen und so konzentrierte sie sich mit aller Hingabe auf unsere Tochter. Hingabe hieß in diesem Fall, die im Viertelstundentakt wiederholende Frage „Schatz, möchtest du etwas essen? „, die um verschiedensten Vorschläge von Schnitzel über Spaghetti bis hin zu Pommes ergänzt wurde. Sollte dies widererwarten auch kurz nach dem Frühstück schon abgelehnt werden, würde der Versuch ein Eis unterzujubeln nicht lange auf sich warten lassen.

Um die Eis- und Süßigkeitenzufuhr etwas unter Kontrolle zu halten, entschied ich mich nach der Poolzeit am Mittag mit Josefine einen Ausflug zu machen. Diese Maßnahme galt allerdings weniger der Fürsorgepflicht gegenüber meiner Tochter, sondern eher meiner Frau, die mit Sicherheit versucht hätte, den Versorgungstreik zu umgehen und die uneingeschränkte Versorgung mit Süßigkeiten unserer Tochter dafür zu nutzen, sich heimlich von Josefine das ein oder andere  Leckerli abzuzwacken.

Und so ging es bepackt mit Badehandtuch und Badesachen mit dem Taxi an den Strand von Maspalomas. Das Wetter war super und so konnte Josefine ausgiebig am Strand spielen, während ich am Strand lag und faulenzte. Und natürlich gab es hier am Strand auch ein Eis 😉

Wir hatten noch etwas Zeit und weil Josefine es sich sowieso an der Promenade gemütlich gemacht hatte und im Sand spielte, machte ich es mir in der Strandbar bei einem Snack und einem Kaltgetränk gemütlich und beobachte das Geschehen.

Eine Stunde nach dem wir mit dem Taxi wieder vom Strand zurückgefahren waren, ging es schon los ins spanische Restaurant La Gustera. Und klar, wer sein gesundes Essen in Form einer halben Salami Pizza und Pommes mit Majo schaffte, der bekam natürlich auch noch ein zweites Eis. Spätestens jetzt sollten die verlorenen Kinderkilos der letzten Tage wieder drauf sein.

„Übermut tut keinem gut!“, heißt es. Trotz aller Warnungen überschätzte meine Frau ihre Fahrkünste auf dem E-Scooter trotz bereits zahlreicher absolvierter Fahrminuten gewaltig. Nicht nur, dass sie erneut auf dem Schoß ihres Vaters das Gefährt bewegte, nein… es musst auch noch im Dunkeln sein und ja, auch die engen Gassen am Pool vorbei. Und auch wenn die Augen-Laserbehandlung bei Sehkraft in Köln bei meiner Frau unüblicherweise gleich zweimal durchgeführt wurde, so zweifelte ich daran, dass das gut gehen kann. „Sei doch nicht immer so negativ, glaub an deine Frau“. Ja ne, is klar, aber nicht wenn es um das Fahren geht. Denn die letzten zwei selbstverschuldeten Autounfälle innerhalb von ein paar Tagen waren erst kürzlich passiert und in meinem geistigen Auge blitzte es auf. Ich hatte ein Déjà-vu… Dunkelheit, der Bordstein einer Verkehrsinsel. Zwei kaputte Reifen und gerissene Felgen waren das Ergebnis dieses Autounfalls vor ein paar Wochen. Und kein Scherz! In dem Moment knarzte und knackte es hinter mir.

Meine Frau hatten den Lenkradeinschlag falsch berechnet und schrammte mit der Verkleidung des E-Scooters an der Ecke des hohen Bordsteins vorbei. Das linke Katzenauge splitterte und das lautstarke „HERRJE“ meines Schwiegervaters und mir hallte durch die Bungalowanlage. Der Reaktion der entsetzten und verärgerten niederländischen Nachbarn sowie den Worten „Verdomme, niet weer“ entnahm ich, dass meine Frau mit ihrer Fahrweise in der Anlage nicht ganz unbekannt war.

Einem Versprecher am gleichen Abend später erfuhr ich, dass sie tatsächlich schon an gleicher Stelle angeeckt war. Der Unfall war Gesprächsstoff des restlichen Abends und die Aufregung ließ auch unsere Tochter nicht schlafen. Bis Oma Ute um 22:30 Uhr ein letztes Spiel mit ihr spielte und sie friedlich einschlief. Aber auch ich konnte mit den Gedanken im Kopf, wie ich das wieder der Verleihfirma erkläre und vor allem was die Reparatur kostet, nur schwer einschlafen.

Montag, 21.03.
Mein letzter Gedanke vor dem Einschlafen holte mich am Morgen nur kurz wieder ein. Nämlich in Form der Erleichterung, dass ich nach der Entscheidung meines Schwiegervaters zur Verlängerung der Ausleihzeit noch etwas Zeit für die „Beichte“ gewonnen hatte. Wie schon bei der Bestellung ließ sich der E-Scooter nach einer kurzen Whats App Konversation problemlos vier weitere Tage ausleihen.

Heute stand unser Ausflug zum Aquarium Poem del Mar auf dem Plan. Auf dem Weg zum Mietwagen lief ich die Strecke am Pool unserer Anlage vorbei und sammelte einen Teil der Splitter des Katzenauges auf, während meine Frau einen Umweg mit dem E-Scooter bis zum Ende der Anlage fuhr, um sich die Peinlichkeit zu ersparen, nochmals an der Terrasse der Niederländer vorbeizufahren. Und das blieb auch den Rest des Urlaubs so.

Schon bei einem der letzten Urlaube besuchte ich das Poem del Mar, damals noch alleine. Doch diesmal wollte ich dieses tolle Aquarium auch unserer Dreijährigen und meiner Frau zeigen. Erstere hatte sichtlich mehr Spaß durch die Tunnelaquarien zu kriechen und zu laufen, als sich einzelne Fischarten in den Becken anzuschauen, aber spätestens beim Hauptbecken „Deep Sea“ mit seiner 36 Meter breiten und 7 Meter hohen Glasscheibe kam auch sie ins Staunen.

Am Anfang machte ich mir Gedanken darüber, wie meine Frau die langen Gehwegstrecken durch die Aquarium-Landschaft schaffen sollte, aber zum Glück konnte man sich auch hier für 10 EUR einen schmalen E-Scooter ausleihen, was wir prompt gemacht hatten. Das Ding war klasse und selbst Josefine hat sich einige Meter kutschieren lassen und aufgrund der Glasscheibendicke der Aquarien, machte ich mir auch keine Sorgen darüber, dass ein möglicher Unfall hier zum Auslaufen eines Beckens und damit verbundenen finanziellen Bankrott führen könnte.

Am Eingang, an dem bei Beginn zwei Mitarbeiterinnen die Eintrittskarten kontrollierten und uns auch der E-Scooter bereitgestellt wurde, wollten wir das Gefährt wieder zurückbringen. Meine Frau hatte den Zündschlüssel leider nicht abgezogen und blieb beim Absteigen am Gashebel hängen, sodass der E-Scooter nach vorne schoss und die sich erschrockene Mitarbeiterin zwischen Bodenaufsteller und E-Scooter einklemmte. „HERRJE!“. Slapstick pur und ich konnte mir ein Lachen nach meinem entsetzten Aufruf nicht verkneifen. Bis heute versuche ich an die Videos der Überwachungskameras im Vorraum zu kommen, um euch diese Situation vorzuspielen, aber ich hatte bisher kein Glück.

Zurück am Mietwagen verließen wir das Gelände des Poem del Mar und fuhren nur ein paar Meter weiter, um in der Straße C. Albareda im Parkhaus „Albareda Canteras“ zu parken. Denn von dort aus sind es nur wenige Meter bis zur Strandpromenade von Las Palmas.

Bei Getränken und Waffeln mit Eis im Café „Bread and Coffee“ verbrachten wir die nächste Stunde. Der angrenzende Spielplatz ist super und so konnte Josefine sich noch ein wenig auspowern, bevor wir noch über die Strandpromenade schlenderten bzw. humpelten, und wir uns anschließend mit Zwischenstopp bei LIDL zurück zum Bungalow nach Playa del Ingles fuhren.

Heute war Elternzeit. Weil die restlichen Erwachsenen auf Josefine aufpassten und sie auch ins Bett brachten, konnten Anky und ich heute alleine raus. Bei unserem letzten Besuch in Shorty’s Taperia sind wir auf das direkt daneben liegende Restaurant Papi’s Grill aufmerksam geworden.

Aber ehrlich gesagt, das Essen war ein Reinfall. Während die Vorspeise noch gut war, waren die Burger einfach nur schlecht. Viel zu harte und trockene Burgerbrötchen und teilweise verbranntes Burgerfleisch. Letzteres traf auch auf die Pommes zu. Die Servicekräfte waren nett, aber bis auf das erste Getränk wurden wir bis auf die Essenausgabe kaum mehr beachtet. Leere Gläser wurde übersehen und selbst nach Handzeichen und einem „ja, hab‘ ich gesehen“-Blick der Kellner dauerte es 20 Minuten, bis wir eine Getränkebestellung hätten aufgeben können. Hatten wir dann auch nicht. Denn die Wartezeit bewog uns dazu, die erstbeste Reaktion eines Kellners zu nutzen und zu zahlen. La cuenta por favor!

Was dann folgte war ein lustiger und kurioser Abend. Denn wir wollten wieder zu Michael und Gudrun ins Melodies im Shopping-Center Cita, in dem wir schon vor drei Jahren meinem Geburtstag gefeiert oder besser gesagt, auf diesen zu zweit angestoßen hatten. 2019 hatte noch der niederländische Rock’n’Roll-Sänger Auke hier gesungen, das ist glücklicherweise Geschichte und dennoch hörten und sahen wir ihn in einem der gegenüberliegenden Restaurants.

Mit Gastgeber Michal und Gudrun kamen wir schnell ins Gespräch und erfuhren mehr über die Corona-Situation auf Gran Canaria und die schlechte Situation der Wirte, auch wenn es hier staatliche Hilfen gab. Nichtsdestotrotz, man hofft nun wie wir alle, dass es wieder aufwärts geht. Wir drücken fest die Daumen und auch für den geplanten Urlaub der zwei, der sie schon seit Jahren im Sommer zum „Alpen Flair“-Festival nach Brixton nach Südtirol führt.

Der Ausflug meiner Frau zum Rauchertisch dauerte etwas länger als eine Zigarette und endete mit dem ersten Tequila, bevor sie mich mit in die Runde holte. Denn am Tisch saßen irgendwann Bar Chef Rainer vom Sweet Moments (dem Laden in dem alles passieren kann), Gastgeber Micha, Stammgast und Kellner und etwas später auch Jessy, Chefin des Sexshops Scandals im gleichen Shopping Center.

Was dann passierte endete mit lauten Lachern der Runde und in einem Staunen meinerseits. Nicht nur, dass die Truppe was zu erzählen hatte und dazu super nett war, vor allem Rainer hat mich mit seiner frivolen Art erstaunt und imponiert gleichzeitig. Er wird mir nicht böse sein, wenn ich ihn als „unverschämt(en) versauten Charmeur“ beschreibe, der als Lebemann mit seinem Club auf Gran Canaria einen Lebensstil pflegt, der glaube ich einfach zu ihm passt. Vielmehr haben mich aber die Reaktion von Frauen und teilweise deren Ehemänner interessiert, wenn Rainer sich auf seine Weise ihnen vorgestellt hat. Weitere Details gehören hier nicht hin, aber wer sich die Bars in der Cita anschaut, kann sich denken worauf ich hinaus will.

Wer sich hier in der Cita kennenlernt, schickt keine Freundesanfrage über Facebook, sondern über Joyclub. Das gilt übrigens nicht nur für das Kennenlernen in einer der SwingerClubs.

Dienstag, 22.03.
Oma Ute wurde am Morgen von Katzen der Umgebung in der Küche überrascht. Anscheinend hatten Anky und ich nach unserem Ausklingen des Abends bei einem Bier im Jacuzzi die Terrassentür nicht richtig geschlossen, sodass die Abfälle und das Restessen die Freigänger angelockt hatten.

Ich war nicht ganz sicher, ob das ernst gemeint oder darauf zurückzuführen war, dass parallel zu unserer kleinen Feier im Melodies gestern auch im Bungalow die Korken geknallt haben müssen. Aber anscheinend hatte Ute tatsächlich Freigänger im Bungalow aufgefunden.

Zu dritt machten wir heute einen Ausflug zum Strand von Amadores. Durch den hohen Besucherandrang fanden wir nur noch am Ende des Geländes einen Parkplatz.

Aufgrund des seichten Wasserzugangs kann man hier auch mal ein Kleinkind unter Beobachtung alleine zu Wasser gehen lassen, ohne immer direkt einen Meter daneben stehen zu müssen. Insofern bietet sich der Strand schon deshalb für einen Besuch als Familie an. Außerdem reiht sich an der kleinen Promenade ein Restaurant und Shop an den nächsten, sodass die Grundversorgung gesichert ist.

Erst am späten Nachmittag machten wir uns auf dem Weg zurück und fuhren statt der Autobahn die schönen Küstenstraßen entlang, auch wenn es sich in einigen Dörfern staute und sich dadurch die Fahrtzeit um 15 Minuten verlängerte.

Im Auto eingenickt und bei Ankunft wieder topfit, war nun Spielzeit mit Papa angesagt. Allerdings fiel diese anders auch, als meine Tochter es sich gedacht hatte. Denn nach einigen Tagen krankheitsbedingter Katzenwäsche war nach diesem Strandaufenthalt eine ausgiebige Dusche und Haarewaschen angesagt. Doch unsere Tochter wollte nicht, rannte weg, versteckte sich unter dem Couchtisch und ihrer Bettdecke. Das Spielchen wurde mir dann doch zu bunt und mit Blick auf die Zeit ging es kurzer Hand und ohne Zustimmung von Josefine mit Anziehsachen unter die warme Dusche.

Mit Blick auf das Thema „körperliche Überlegenheit gegenüber Kleinkindern“ war die Abwägung eine ganz einfache! Entweder noch weitere 15 Minuten Geschrei und Geheule und ein stinkendes Kind oder ein „Ende mit Schrecken“ und dazu noch Quatsch machen unter der Dusche mit Wasserschlacht und Singspielen. Trotz der Warnungen meines Erziehungsratgebers hatte ich mich für zweiteres entschieden, um mich in Fragen der Körperpflege effizient durchzusetzen. Der Erziehungsratgeber liegt – auch wenn er gar nicht so schlecht war – im Müll, auch wenn ich mir die ein oder andere Sache daraus gemerkt habe.

Back in Town. Wir waren erneut beim Stamm-Chinesen Essen und trafen erstmals in diesen Urlaub auf unseren Stammverkäufer „BlinkyBlinky“, der verzweifelt versuchte uns ein blinkenden LED beleuchteten „Heli Slingshot“ zu verkaufen. Und er hatte Erfolg. Nicht mit der praktischen Vorführung, aber mit dem Verkauf des Slingshots, der sich trotz BlinkyBlinkys Qualitätsgarantie übrigens am gleichen Abend in seine Bestandteile auflöste. Egal, netter Typ und deshalb kaufen wir auch mindestens einmal pro Gran Canaria Urlaub etwas bei ihm. P.S.: Die NoName oder auch gefälschten Rolex Uhren sollen tatsächlich nicht „soooo“ schlecht sein.

Mittwoch, 23.03.
Heute Vormittag war es selbst Josefine zu kalt in den Pool zu springen. Denn trotz Sonnenschein brachte der Wind kalte Meeresluft mit sich.

Am Nachmittag fuhren Anky und ich zusammen mit Petra mit dem Taxi zum Strand von Playa del Ingles, an dem sich heute Sandra und Peter sonnten. Nach unseren ersten zelebrierten Selbstdarstellungen bei Facebook mit Urlaubsfotos, erfuhren wir, dass die Beiden ebenfalls auf die Insel kommen würden und so stand fest, dass wir uns treffen. Da sie ebenfalls in Playa del Ingles untergekommen waren, war ein Treffen an Strand die beste und zentralste Wahl.

Wir tranken und aßen zusammen im Strandrestaurant La Piazza, quatschten über dies und das und es war schön die beiden einmal wiederzusehen. Wir freuen uns darauf, unser Treffen in Essen in Anjas Treff und/oder Neues Mannitou fortzusetzen.

Am Abend ging es erneut ins Restaurant La Gustera, wobei dies in dieser Location quasi schon den Abschied vom Personal bedeutete. Gut gespeist nahm ich noch den üblichen Schnaps des Hauses als Medizin gegen die vielleicht noch kommende Mandelentzündung in Anspruch, bevor wir uns auf den Weg nach Hause machten, das Kind ihr „Tier“ ins Bett brachte und wir wiederum sie.

Donnerstag, 24.03.
Meine beiden Frauen schliefen noch, als ich bereits am Frühstückstisch saß. Nicht, dass es schon 10 Uhr morgens war, aber auch die Schlafenszeiten unserer Tochter hatten sich mittlerweile nach hinten verschoben. Die Schlafenszeiten meiner Frau sind dagegen nachts mit 10 Stunden plus an einem Urlaubstag relativ konstant und werden häufig mit einem Vormittagsschläfchen, Mittagschläfchen und „Der Alte kommt, ich tue so als schlafe ich“-Schläfchen überbrückt.

Ich hatte bis 11 Uhr Zeit den Mietwagen wegzubringen und machte mich deshalb schon „früh“ auf den Weg zur Mietwagenstation. Bis auf die Tatsache, dass ich fast den Kindersitz im Auto hätte vergessen und diesen nun im Taxi mit zurück bugsieren mussten, lief alles glatt. Insgesamt hatte ich lediglich eine halbe Tankfüllung verfahren obwohl ich bei Abholung 60 EUR für eine volle Tankfüllung gezahlt hatte. Die Rückgabe beim Mietwagenanbieter Orlando ging noch schneller als ich es gewohnt hatte und beschränkte sich auf das Schlüssel abgeben und Bestätigung Freigabe der Kautionsbelastung der Kreditkarte. Kein Check irgendwelcher Schäden oder Verunreinigungen.

Zurück im Bungalow waren auch die jüngsten Damen des Hauses  mittlerweile aufgestanden, waren aber weitaus weniger Ausgehfreudig als ich, sodass ich mit am Mittag mit Petra und Ute auf dem Weg zum „Chinesen“-Shop machte. Zwei Tage vor Abreise musste das Geld doch noch irgendwie unter das Volk gebracht werden. Ich erstand eine neue Bauchtasche, da man den Gürtel meiner aktuellen Tasche sich nicht mehr erweitern konnte und dieser bereits Striemen hinterließ und dazu noch ein Kleid für meine Frau. Trotz weiblicher Begleitung hatte ich das Kleid natürlich selbst ausgesucht und auch die richtige Kleidergröße gewählt. Natürlich.

Nach dem erfolgreichen Einkauf verabschiedete ich mich bei meinen Shopping-Beraterinnen und kündigte den sportlichen Marsch durch die Sanddünen zum Faro de Maspalomas an. Allerdings endete der eigentlich 6,5 Kilometer lange Fußweg nach rund 1,5 Kilometern an der Promenade von Playa del Ingles, besser gesagt im Pub El Bucanero. Mit rund zwei Stunden Fußweg hin- und zurück sowie einen Aufenthalt von einer halben Stunde in Maspalomas, blieben mir also rund drei Stunden 2:50 Minuten um frischgezapftes Dorado Bier zu trinken, zu essen und Leute zu beobachten, bevor ich entsprechend der Berechnungen inkl. Taxifahrt wieder am Bungalow ankommen musste. Auf die Frage, wie mein Ausflug war, antworte ich kurz und knapp: „Schön!“.

Den Abend verbrachten wir erneut in Shortys Taperia bei gutem Essen, diesmal tatsächlich zu sechst. Oma Ute schnappte sich nach der Speisung das Kind und ermöglichte uns einen weiteren Abend als Ehepaar. Da Anky vor ein paar Tagen ihren Sweater im Melodies vergessen hatte, war unser Ziel klar. Und wir hatten uns bei Gudrun und Micha bereits angekündigt.

Allerdings hätte sich unsere Ankunft fast verzögert, denn in der benachbarten Kneipe versperrten uns der Ex-Promi-Friseur, spätere Düsseldorfer Bordellbesitzer und Doku-Soap B-Promi Bert Wollersheim sowie seine vierte Ehefrau Yvonne Schaufler alias Webcam-Girl Ginger Costello-Wollersheim und ihre Fans den Weg. Selfie-Alarm mit den Wollersheims, ich wäre fast dabei gewesen. Die Wollersheims leben derzeit aus gesundheitlichen Gründen klimabedingt auf Gran Canaria und sind Tratschzeitungen zufolge auf der Suche nach einer geeigneten Immobilie, um eine Bar zu eröffnen. Hier lässt es sich mit eine Privatinsolvenz anscheinend besser leben als in Deutschland.

Nebenan im Melodies spielt Danny seine Rockklassiker. Gitarre und Gesang sind live, der Rest kommt aus der Konserve. Er ist einer der Sänger, den ich in den Vorjahren schon an der Promenade in Playa del Ingles gehört habe. Sein großes Repertoire an Songs ist der Grund, dass gesanglich nicht jeder Ton getroffen werden kann, aber bei meinem Musikwunsch Whitesnake, hatte er alles rausgeholt. In diesem Moment sah ich mich als Mitglied einer Castingshow, der mit dem richtigen Song das Potential der Leute herauskitzelt. Bei Bon Jovi und Van Halen Klassikern hielt es dann auch den Nachbartisch nicht mehr auf den Stühlen.

Doch wir waren froh, Danny wieder spielen zu hören und nach seinem Gig kamen wir erstmals auch persönlich ins Gespräch mit dem aus dem Balkan stammenden Familienvater, der nicht nur donnerstags im Melodies, sondern auch noch in einer Hotelanlage spielt, um für sich, seine Frau und den zwei Kindern den Lebensunterhalt zu verdienen. In seinem Heimatland war es nicht möglich, von seiner Musik zu leben und deshalb hatte er sich nach einem Aufenthalt in London entschieden, auf die Insel Gran Canaria zu ziehen. Was er vermisst, Freunde! Obwohl er schon Jahre auf der Insel lebt, bekommt er kaum Zugang zur deutschen oder einer anderen Community. Häufig auch, weil gerade die überwiegend älteren Inselbewohner kaum englisch sprechen und lieber unter sich sind. Und der Rest – wie wir, ja mit denen kann man sich zwar nett unterhalten, aber nach dem Urlaub sind sie dann auch wieder weg. Netter Typ, super Gitarrist! Ich würde mich freuen ihn noch einmal wieder zu sehen und spielen zu hören.

Freitag, 25.03.
Es war der Tag des Zitterns. Der ramponierte Elektro-Scooter musste zum Verleiher zurück. Zusammen mit unserer Tochter, machten wir uns am Vormittag auf dem Weg zur Filiale von Servicios Globales.  Gegenüber dem Mitarbeiter stand ich reumütig zu unseren Taten und erläuterte ausführlich die Schäden, wobei ich es nicht unterließ, immer wieder mit dem Finger auf meine Frau zu zeigen, die schämend verschmitzt vor dem Laden wartete. Widererwarten winkte der nette Herr, der mir ganz zu Beginn auch den Scooter ausgeliefert hatte, ab und verzichtet mit den Worten „No problem“ auf jeglichen Schadensersatz. Ich war mehr als überrascht, bedankte mich überfreundlich und kündigte beim Herausgehen mit den Worten „Nos vemos“ an, wieder auf ihn zurückzukommen, wenn wir erneut einen Urlaub auf der Insel machen würden. Im Augenwinkel sah ich, wie sein freundliches Lächeln erlosch.

Taxi! Unseren letzten Urlaubstag verbrachten wir am Strand von Maspalomas bei leicht bewölkten Himmel und strahlendem Sonnenschein. So strahlend, dass unsere Tochter nur mit Badeschuhen über den heißen trockenen Sand laufen konnte. Das Kind spielte ausgiebig im seichten Wasser und im Sand und zur Erfrischung gab es natürlich auch ein Calippo-Eis.

Eine halbe Stunde später meldet sich meine Tochter mit den Worten: „Papa, ich will etwas gesundes“. Oh, die Chance mussten wir nutzen… dachte ich für meine Frau mit, die sich sofort mit Josefine auf dem Weg zum Promenadensupermarkt machte, um den passenden Stoff „Vitamine“ zu besorgen. Ich glaubte es kaum. Statt mit Äpfeln oder einer Banane kam das Kind mit Nutella-Sticks in der Hand zurück. Und das obwohl das Zusehen alleine schon dafür sorgte, dass sich wie aus dem nichts, bei mir Schwabbelbäuchlein und Brüste entwickelten.

Ich denke Anky und ich werden uns in den kommenden Tagen noch einmal dem Thema „Essen“ widmen, um die Chancen einer geringen Vitaminzufuhr nicht noch weiter zu einzuschränken… Allerdings wollte ich meine Chance nicht ungenutzt verstreichen lassen und bat meine Frau mir eine Flasche Blutorangensaft zu kaufen… und wehe sie kommt ohne Flasche Bier zurück.

Am Nachmittag kehrten wir zurück in den Bungalow, in dem bereits die gepackten Koffer der anderen Mitbewohner im Flur standen und diese den Rest des Tages in der Sonne entspannen konnten, während wir unser sieben Sachen zusammensuchten und ebenfalls packten.

Wie in den Vorjahren ging es am letzten Abend traditionell ins Planet Bayern zum Essen. Noch ein letzter… äh, zwei letzte Obstler gegen Atemwegserkrankungen und zumindest Petra und ich, hatten die ggf. in uns befindlichen Rachenviren auf ein Minimum reduziert.

Samstag, 26.03.
Abreisetag. Obwohl wir abends besprochen hatten, dass ich dafür zuständig bin die schweren Koffer die Treppen hochzutragen, begann meine zierliche Schwiegermutter um 7:35 Uhr damit, alleine die Koffer über einen Umweg am Pool vorbei bis zum Ausgang des Bungalowanlage zu schleppen. Als ich dann um 7:50 Uhr die letzten Sachen von uns eingepackt und unter jedem Sessel und Bett nach den Spielzeugen meiner Tochter gesucht hatte, blieb sage und schreibe noch ein Koffer, unser Handgepäck sowie der Kindersitz über. „Padre nuestro, que estás en el cielo…“, so Gott will.

Die Abfertigung am Flughafen ging wie gewohnt fix und Josefine powerte sich am Indoor-Spielplatz des Flughafens aus. Wow, wir flogen mit dem Mannschaftsairbus von Borussia Dortmund. Meine freudige Nachricht stieß bei meinem Schwiegervater und Zweit-Liga-Fan FC Schalke 04 nicht auf Gegenliebe und es kostete ihn sichtlich Überwindung ins Flugzeug zu steigen. Und nur die Tatsache, dass Frau, Tochter und Enkelin im Flugzeug saßen, hielt ihn ab seine Fantasie umzusetzen, das Flugzeug zu kapern und ins Westfalenstadion abstürzen zu lassen. Petra und ich als „Zecke“, spielten bei seinen Gedanken wohl weniger eine Rolle.

Während das Kleinkind ein paar Reihen hinter uns durch das Schreien die Nerven der direkten Sitznachbarn strapazierte, sang unsere Tochter eine halbe Stunde vor sich hin, bevor sie dann einschlief. Ein fast perfekter Flug mit Kaltschale und Übertragung des Rot-Weiss Essen Spiels via Tablet und dank Eurowings-Connect. Wie man in einem BVB-Mannschaftsairbus allerdings Veltins Bier ausschenken kann… dafür einen Stern Abzug, trotz des knappen Sieges meiner Heimatmannschaft.

Fazit:
So langsam fühle ich mich heimisch hier auf der Insel und bei einem nächsten Urlaub würde ich mich wahrscheinlich meinen Mitreisenden anpassen. Was in diesem Fall und in Bezug auf die hohen Zäune um unseren Bungalow herum am ehesten mit „Käfighaltung“ zu umschreiben ist. Fakt ist, statt Mietwagen setze ich zukünftig voraussichtlich auf Elektro-Scooter als einziges Fortbewegungsmittel neben dem Taxi. Seien wir ehrlich, altersbedingt verleiht das Gefährt meinem Schwiegervater ungewohnte Freiheiten und mit einem Entwicklungsschub bei meiner Frau in Sachen Geschicklichkeit ist ja nun mal auch nicht mehr zu rechnen. Insofern plane ich die Kosten bei der Urlaubskalkulation einfach mal mit ein. Außerdem grenzt uns das Gefährt nicht mehr so ein, wenn es um die Auswahl einer Unterkunft in Bezug auf die Höhenmeter geht. Alles in allem war die Reise geprägt von „HERRJE’s“, aber dennoch mit Urlaubsfreude. Es tat einfach mal gut aus dem Alltag herauszukommen und unbeschwert am Strand bei gutem Wetter abzuhängen. Immer im Bewusstsein, wie gut wir es doch in der aktuellen weltpolitischen Situation haben.

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