Vier Tage Solotrip lagen vor mir. Endlich, denn das Wohnmobil musste dringend bewegt werden. Meine Frau hatte mich von allen familiären Pflichten vorübergehend befreit und so startete ich nach Feierabend von Essen nach Bad Zwischenahn, gelegen am wunderschönen Zwischenahner Meer in Ammerland. „Moin“ sagt man hier in Niedersachsen, rund 60 Kilometer von der Nordsee entfernt.

Donnerstag, 17.06.

Am mir noch unbekannten Zielort warteten mein Schwiegervater und sein Knobelkumpel Hans, die seit ein paar Jahren, besser gesagt einer von ihnen bereits seit Jahrzehnten, das schöne Örtchen unsicher machen und jedes Restaurant und jede Kneipe inklusive Personalinventar kennen. Immer geradeaus von der A31 auf die A28, Ausfahrt Bad Zwischenahn, 10 Minuten auf der Landstraße vorbei an zahlreichen Baumschulen und schon ist man da. Meine Wahl fiel auf den Wohnmobilstellplatz „Am Badepark“ der eigentlich vollautomatisiert funktioniert, in Coronazeiten allerdings nur zwei Zeitfenster täglich für einen Check-in bot und man eine negativen Coronatest vorzeigen musste, der trotz Inzidenzwert 0 aktuell noch jeden zweiten Tag aktualisiert vorgelegt werden sollte.

Der Stellplatz ist nicht schön, aber dafür zweckmäßig und ideal gelegen. Die wenigen zweier Parzellen, an denen man aber trotzdem Tür an Tür steht sind schnell belegt. So blieb mir nur noch der Stellplatz auf dem großen Parkplatz. Die Ausgangslage ist klasse, um alles zu Fuß oder per Fahrrad erreichen zu können. Außerdem ist in dem Stellplatzpreis von 11 € zzgl. Kurabgabe der Zugang zum direkt angrenzende Freibad sowie die Nutzung der Sanitäranlagen inklusive. Bei dem sommerlichen Wetter waren die tobenden Kinder im Bad aber auch bis abends nicht zu überhören. Für drei Nächte war es aber super dort.


Ausgehungert traf ich mich abends mit Rudi und Hans, um den Abend im bayerischen Restaurant „Zum Erdinger“ bei Leberkäse mit geschmorten Zwiebeln und dem ein oder anderen Hellen Stiftungs Bräu zu genießen. Kriterium für die Auswahl der Restaurants war die Übertragung der Fußball-Europameisterschaft sowie ein guter Blick auf den Fernseher, was auch auf die Auswahl des Anschlussbesuchs der Kneipe übertragen wurde.

Gegen halb neun wechselten wir zum „Strohhalm“, anscheinend die „In-Kneipe“ in der sich auch die fahrradfahrende Dorfjugend trifft. Außenbildschirm für Fussballbegeisterte, nette Bedienung, moderate Preise. Hier lässt man also die Abende ausklingen.

Freitag, 18.06.

Nach einer guten Nacht im Wohnmobil schälte ich mich um 9 Uhr aus dem Bett, mit der Erkenntnis, entweder die Matratze im Heckbett auszuwechseln oder um einen Topper zu ergänzen. Durch den Bezug ist ist die Liegefläche einfach zu hart. Mit frischen, aber „falschen“ Brötchen, traf ich zum Frühstück in der Ferienwohnung der Freisenbrucher Altherrenmannschaft im Kniffeln und wurde mit frischen Kaffee und frischgekochten Eiern begrüßt. Die optimale Stärkung für meine bevorstehende Fahrradrunde um das Zwischenahner Meer.

Rund 11 Kilometer beträgt die Strecke, die man größtenteils allerdings nicht am Ufer zurücklegen kann. Die meisten Streckenabschnitte führen hinter den Villen und Ferienhäusern her, die direkten Wasserzugang haben und wirklich toll aussehen. Vom Startpunkt am Alten Badepark erreichte ich nach ein paar Minuten den Landschaftspark Auewiese. Ein rund 275 Meter langer Steg schlängelt sich durch die Auen.

Der Steg wurde zum Schutz vor Landschaft und Natur angelegt und war früher eine Überschwemmungsfläche der Aue. Bei einem Stop an einer Aussichtsplattform hat man einen tollen Blick über das Zwischenahner Meer.

Weiter ging es zum Kurpark, hier ist das Fahrradfahrern aber verboten, daher fuhr ich die Straße entlang zum Radweg, der wiederum an Segelclubs Richtung Halfstede führt. Kurze Zeit später kann man einen Badestop am Steg Meyerhausen einlegen und ins „Meer“ springen. Ein Leiter am Steg hilft dann auch dabei wieder rauszukommen.

Nach der Hälfte der Seeumrundung kann man eine Pause im Restaurant „Fährkroog Dreibergen“ (www.faehrkroog-dreibergen.de) im gleichnamigen Ort einlegen. Gleich neben an, am Anleger der Weißen Flotte, gibt es eine kleine Badestelle, die auch für Kinder gut zum Baden geeignet ist.

Von Dreibergen ging es dann ohne Zwischenstopp zurück nach Bad Zwischenahn. Auf dem Weg kommt man noch am Park der Gärten (www.park-der-gaerten.de) vorbei. Über 40 Mustergärten und über 9.000 etikettierte Pflanzen können hier auf 14 Hektar bewundert werden. Nach ein kurzem Halt am Wohnmobil, einer Katzenwäsche und einer Dose Radler ging es erneut mit dem Rad zum Kurpark. Um 14 Uhr legte das Ausflugsschiff „MS Bad Zwischenahn“ der Weissen Flotte ab.

Nach dem die Flüssigkeitsversorgung sichergestellt war konnte ich die Fahrt so richtig genießen und lauschte den Tonbandansagen zur Geschichte und zu den Sehenswürdigkeiten rund um das „Meer“. Der Sage nach entstand das Meer, weil der Teufel die erste in Oldenburg gebaute Kirche zerstören und ein Stück Wald, dass er aus der Erde riss, auf die Kirche werfen wollte. An der Stelle, an der er den Wald herausgerissen hatte, entstand Zwischenahner Meer. In Wirklichkeit ist die Entstehung aber auf einen Einsturz eines Salzstockes und des darüberliegenden Deckgebirgers zurückzuführen.

Die Rundfahrt führte über den Anleger Röstrup, einem Ortsteil von Bad Zwischenahn, nach Dreibergen. Auf den drei Bergen, oder sagen wir besser drei 10 Meter hohen künstlich aufgeschütteten Hügeln, soll früher die Burg Elmendorf gestanden haben. Den Weg habe ich mir erspart, die Luft dort oben soll sehr dünn sein. Daher auch die Dünnhäutigkeit der Einwohner von Dreibergen, die wie man Einheimischen entnehmen konnte, noch heute von den Bad Zwischenahner gepiesackt werden. Denn statt Dreibergen konnte sich Bad Zwischenahn als touristischer Anziehungspunkt sowie Haupt- und Verwaltungssitz des Landkreises Ammerland durchsetzen und Dreibergen ist das Dorf in der Bauerschaft Helle geblieben und dazu noch als Ortsteil eingemeindet worden.

Auf der Fahrt sieht man tolle Villen, die direkt am Seeufer grenzen und häufig einen eigenen Bootssteg besitzen. Auf meiner Fahrradtour kam ich lediglich hinter diesen Grundstücken her und erfuhr, dass viele dieser Villen nur noch als Wochenendhäuschen genutzt werden dürfen. Grund dafür sind unter anderem naturschutzrechtliche Vorgaben. Neues Bauland an diesem schönen Fleckchen am See ist also nicht mehr zu bekommen.

Im Anschluss an die Rundfahrt besucht ich noch die St. Johannes der Täufer Kirche, die mit 850 Jahren zu einen der ältesten Gebäude des Oldenburger Landes gehört. Mit den 1662 eingebauten Holzemporen sieht der Innenraum fast etwas beengt aus. Man muss sich schon etwas Zeit nehmen um die vielen Symbole und Szenen an der Kanzel und den Emporen zu entdecken, die seit 400 Jahren die Schnitzereien schmücken.

Am Stellplatz angekommen reihte sich ein Wohnmobil nach dem anderen, in der Hoffnung noch ein Plätzchen zum zweiten Check-in ab 17 Uhr zu ergattern. Das ging soweit, dass die Plätze schon – meist durch die Beifahrerinnen – mit Liegestuhl belegt wurden. Und so lernte ich bereits vor offiziellen Einlass eine nette Frau kennen, die ihrem Mann, der sie während ihrer Kur mit dem Wohnmobil besuchte, neben mir den Platz frei hielt. Wir einigten uns darauf möglichen Mitstreitern zu verklickern, dass wir familiär verbandelt sind und deshalb zusammenstehen wollen.

Am Abend machte sich unser Essener Trio auf zum Hotel Restaurant Kämper. Auf halben Weg dreht unser Rudi kurzer Hand um, weil er seine Maske vergessen hatte und traf zwei Königs Pilsener Zeiteinheiten später im Restaurant ein. Meine Lendchenspitzen im Champignon-Rieslingsauce mit Butterspätzle waren eine Wucht. Und ich glaube auch meinen Sitznachbarn hat es geschmeckt.

Aufgegessen, Bierchen schnabuliert, Kroatien vs. Tschechien trennten sich unentschieden. Und so ging es wie am Vorabend zum „Strohhalm“, um den Abend unter Einheimischen ausklingen zu lassen.

Samstag, 19.06.

Nach dem Frühstück im Le café Behrens-Meyer schwang ich mich wieder auf dem Sattel um die Rügenwalder Mühle zu besuchen, die nur zwei Kilometer entfernt liegt. Tatsächlich floh die Familie Müller nach dem zweiten Weltkrieg von Rügenwalde nach Westerstede und verlagerte den Betrieb 1956 nach Bad Zwischenahn. Die Mühle in Kayhausen wurde allerdings erst 2012 eingeweiht, ist funktionstüchtig und sowas wie ein Maskottchen für die Firma. Neben Besichtigungen kann man diese auch für Veranstaltungen mieten.

Es war heiß an diesem Tag und deshalb entschied ich mich für einen entspannten Tag am See. Ursprünglich wollte ich mit dem Elektroboot über den See schippern, allerdings war diese Freizeitaktivität am Mittag so beliebt, dass so gut wie kein Elektroboot mehr zur Verfügung stand.

Also entschied mich stattdessen in der Strandbar einzukehren und verbrachte die nächsten zwei Stunden damit  meinen Wasser-Hefe-Haushalt aufzufrischen, auf das Zwischenahner Meer zu blicken und Familien- und Kinderstreitigkeiten am Strand zu beobachten.

Zurück am Wohnmobil gönnte ich mir noch die zweite Halbzeit des Spiels Ungarn gegen Frankreich, dass unspektakulär unentschieden endete und kam mit meinen neuen Platznachbarn ins Gespräch. Thema natürlich. Wohnmobile, Tipps und Tricks und Innenraumbesichtigungen, um sich gegenseitig für die tollen aufgepimpten Umbauten zu schmeicheln.

17:15 Uhr. Ich war in Stimmung und in Vorfreude auf das Spiel Deutschland gegen Portugal, dass wir uns beim Essen im Erdinger anschauten. Bestes Biergartenwetter, die Bude war voll und auch von der Straße ohne Sitzplatz wurde zugeschaut und mitgejubelt. Glückwunsch Deutschland. Die Hoffnung auf eine erfolgreiche EM stieg an diesem Abend, hielt aber, wie ihr wisst, nicht all zu lange.

Auch diesem Abend ließen wir den Abend in der Kneipe „Strohhalm“ beim letzten Fußballspiel dieses Abends ausklingen. Ich verabschiedete mich allerdings etwas früher, weil ich mich morgens auf dem Weg nach Hause machte und fahrtüchtig sein musste.

Sonntag, 20.06.2021

Ohne Vorzelt oder ausgefahrene Markise war das Wohnmobil für die Rückfahrt schnell fahrbereit. Stecker rausziehen, Toilettenkassette lehren, Schrankenkarte zurückgeben. Und schon fand ich mich auf der A28/A31 auf dem Weg nach Hause. Genug Zeit um aus dem Fenster zuschauen und ein wirklich positives Fazit zu ziehen. Denn Bad Zwischenahn hat mir richtig gut gefallen und ich kann mir gut vorstellen, dass wir auf unserer nächsten Fahrt zur Nordsee hier einen zweitägigen Zwischenstopp einlegen. Denn auch als Familie mit Kleinkind lässt sich hier mit dem Schwimmbad, Strandbad und den Spielplätzen ein kurzweiliger Aufenthalt realisieren. Ansonsten hoffe ich darauf, dass ich Rudi und Hans bei ihrem nächsten Knobelurlaub wieder dort besuchen kann.

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